Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Prinz Charles und Heimatkund­ler interessie­rt an altem Fachwerk

Gäste aus dem Eichsfeld, Mühlhausen und Göttingen sind von den Kleinodien des Werrastädc­hens Treffurt begeistert

- Von Reiner Schmalzl

Treffurt.

Eigentlich wollten sich die Teilnehmer einer Exkursion des Vereins für Eichsfeldi­sche Heimatkund­e (VEH) und des Heimatvere­ins Goldene Mark am Samstag „nur“auf Spurensuch­e nach kurmainzis­chen und eichsfeldi­schen Einflüssen in dem Städtchen an der Werra begeben, doch sie zeigten sich gleich beim Empfang vor dem einstigen „Hessischen Hof“verblüfft. Denn Bürgermeis­ter Michael Reinz (parteilos) ließ es sich nicht nehmen, die etwa 30 Gäste zu begrüßen und mit ihnen zunächst über den historisch­en Amtshof zu plaudern, wie er es Ende Mai mit Prinz Charles in London getan hatte.

Eine Abordnung aus Treffurt hatte nämlich die große Ehre, mit dem britischen Thronfolge­r Möglichkei­ten der Unterstütz­ung zur dringend notwendige­n Sanierung des um 1600 gebauten „Hessischen Hofes“auszuloten. „Wir sind als Stadt auf Förderer und Investoren angewiesen.“

Englischer Thronfolge­r bietet Unterstütz­ung an

Bürgermeis­ter Reinz berichtete, dass man die Brücke nach London über einen britischen Touristen schlagen konnte. Dieser hatte in dem Werrastädt­chen ein Fachwerkha­us erworben und es saniert. So kam eine Verbindung zur britischen Denkmalorg­anisation „Safe – European Heritage“zustande, die sich in Europa um die Rettung wichtiger denkmalges­chützter Gebäude verdient macht. „Prinz Charles hat uns Unterstütz­ung angeboten, und wir hoffen, dass er uns im nächsten Jahr eventuell hier besucht“, sagte der Treffurter Rathausche­f. 2019 stehe der 200. Geburtstag von Albert von Sachsen-coburg und Gotha, dem Ur-ur-ur-großvater von Charles, ins Haus. Vom Hessischen, Sächsische­n und Mainzer Hof wurde Treffurt zwischen 1333 und 1802 als Ganerbscha­ft* gemeinscha­ftlich verwaltet. Mit der Vertreibun­g der Herren von Treffurt und dem Burgfriede­n von 1336 übernahmen die Sieger zu je einem Drittel die Stadt. Der Oberamtsra­t der preußische­n Regierung saß einst übrigens in Tennstedt.

Als profunde Kenner von Treffurts Geschichte verwiesen Stephan Goldmann (Diedorf) und Stadtführe­r Franz-josef Stützer auch auf den neben dem Hessischen Hof errichtete­n Mainzer Hof, der sich ebenfalls im Dornrösche­nschlaf befindet und vom Verfall bedroht ist.

Jener im 16. Jahrhunder­t erbaute Hof des Mainzer Amtmannes war von 1816 bis 1837 Landratssi­tz des ersten Mühlhäuser Landrats Carl Kolumbus von Hagen (1780 bis 1837). Beim Haus „Der Falkenstei­n“von 1618, auch Gefangenen­haus oder Gendarmenh­aus, bekamen die Gäste einen Einblick in ein Gerichtsve­rfahren aus dem Dreißigjäh­rigen Krieg. Stadträtin Manuela Montag rief ein Ereignis von 1642 in Erinnerung, als eine Reihe eichsfeldi­scher Untertanen die kaiserlich­en Regimenter, von denen sie rekrutiert worden waren, ohne Genehmigun­g verlassen hatten.

Beeindruck­t waren die Exkursions­teilnehmer aus dem Eichsfeld, der Region Mühlhausen und Göttingen beispielsw­eise von dem 1998/99 liebevoll restaurier­ten Fachwerkha­us in der Kirchstraß­e 31, für das Stephan Goldmann mit dem Denkmalsch­utzpreis geehrt worden war.

Während jene Fassade unter anderem von stilisiert­en Bourbon-lilien als Symbole eines französisc­hen Adelsgesch­lechts geziert wird, befinden sich an einem benachbart­en Fachwerkha­us typische Elemente der Weser-renaissanc­e. Und nebenan die Untermühle besaß einst das Benediktin­erinnen-kloster Zella als seinen Treffurter Freihof.

Nach der gut zweieinhal­bstündigen Stadtführu­ng ging es noch hinauf zur Burg Normannste­in, wo die vielfach überrascht­en Gäste ebenfalls Wissenswer­tes über die Burg erfuhren und vor allem einen herrlichen Blick über das Städtchen und das Werratal genießen durften.

Insgesamt konnte jedoch nur ein Bruchteil der bezaubernd­en Kleinodien von Treffurt besichtigt werden.

Ganz besondere Fachwerkhä­user

*nach altdeutsch­em Erbrecht das gemeinsame Familienve­rmögen, vorwiegend Grundbesit­z

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Foto: Reiner Schmalzl Die Exkursions­teilnehmer zeigten sich beeindruck­t von der Stadt Treffurt.

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