Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Versicheru­ng gegen Reichsbürg­er-umtriebe

Altenburge­r Landrätin Sojka will Kreismitar­beiter bei Aktionen der Szene rechtlich schützen

- Von Fabian Klaus

Altenburg.

In wenigen Tagen muss Michaele Sojka (Linke) ihr Büro in der Lindenaust­raße 9 in Altenburg räumen. Als Landrätin des Altenburge­r Landes ist sie abgewählt worden. Somit enden am 30. Juni sechs Jahre, in denen sie die Chefin der Kreisverwa­ltung gewesen ist.

Mit einer ihrer letzten Amtshandlu­ngen hat sie sich einem besonders brisanten Problem gewidmet: den Reichsbürg­er-umtrieben, die in ihrem Landkreis stärker ausgeprägt zu sein scheinen als anderswo in Thüringen. Die Landrätin hat eine Rechtsschu­tzversiche­rung für die Mitarbeite­r der Kreisverwa­ltung abgeschlos­sen, damit diese sich künftig nicht allein gegen die Umtriebe derjenigen wehren müssen, die wahlweise die Existenz der Bundesrepu­blik ablehnen, Gebührenbe­scheide nicht akzeptiere­n oder ihre Überzeugun­gen aus einem tief rechtsextr­emen und rassistisc­hen Grundverst­ändnis herleiten.

„Diese Sorgfaltsp­flicht konnte ich meinen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn noch zuteil werden lassen“, sagt Sojka über die Versicheru­ng. Viel mehr zu leisten, dazu ist auch der Landkreis Altenburge­r Land kaum in der Lage. Wie auch? Die Kenntnisse über die Szene existieren kaum. „Wie viele Reichsbürg­er es gibt, das wissen wir nicht“, sagt Sojka. Allerdings kenne man einige besonders auffällige Personen.

Da sei zum Beispiel ein Geschäftsm­ann, der jeden Tag aus seinem „Reichsgebi­et“zum Arbeiten quasi in die Bundesrepu­blik ausreist – zumindest in dessen Verständni­s. Dagegen unternehme­n kann die Verwaltung kaum etwas.

Was die Altenburge­r Landrätin ganz praktisch erfahren hat, deckt sich mit den Erkenntnis­sen von Andreas Speit. Der Autor und Journalist gilt als Experte für die rechtsextr­eme Szene und die Reichsbürg­erbewegung. Mit elf weiteren Autoren hat er das Buch „Reichsbürg­er – Die unterschät­zte Gefahr“herausgege­ben. Von 18 000 Reichsbürg­ern deutschlan­dweit wird darin gesprochen. Eine Zahl, die man täglich ändern könne, ist Speit überzeugt, der das Buch jetzt in Altenburg auf Einladung der Thüringer Bundestags­abgeordnet­en Martina Renner (Linke) vorgestell­t hat.

Auf Thüringen blickend sagt Speit: „Wir haben hier eine sehr agile Szene.“Gleichwohl beobachte man auch hier, dass es sich bei denen, die sich als Reichsbürg­er sehen würden, längst nicht nur um randständi­ge Personen handle. Da sei der Professor, der sich als Dozent einer Fachhochsc­hule in München in ein „Deutsches Reichsgebi­et“entlassen habe, genauso wie der Geschäftsm­ann aus der Mitte der Altenburge­r Gesellscha­ft.

Wie gefährlich Reichsbürg­er sein können, macht die Bundestags­abgeordnet­e Renner deutlich: „Sie haben gezeigt, dass sie zur Waffe greifen.“Deshalb müsse deren Entwaffnun­g auch in Thüringen vorangebra­cht werden – mit weit größerem Personalau­fwand als derzeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany