Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
100 Tage Groko – wer ist top, wer floppt?
Das Bündnis aus CDU, CSU und SPD steckt wegen des Asylstreits der Union tief in der Krise – die Kanzlerin und ihre 15 Minister im Check
Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)
In ihrer vierten Amtszeit erlebt Merkel ihre schwierigste Phase. Unklar ist, ob sie den Konflikt mit der CSU über die Flüchtlingspolitik übersteht und bis 2021 an der Macht bleiben kann. Ihr größter Fehler war, die Kräfte in der CSU unterschätzt zu haben, die in ihr die „Flüchtlingskanzlerin“sehen und ihr die Unterstützung verweigern. Zur SPD hat sie einen guten Draht, was viel wert sein könnte. (mün)
Peter Altmaier, Wirtschaftsminister (CDU)
Machtmensch Altmaier freut sich, dass das von Ludwig Erhard geprägte Ministerium nach Jahrzehnten wieder in CDUHAND ist. Viel Konkretes hat Merkels Vertrauter aber nicht vorgelegt. Dafür war er als Vermittler im Handelskonflikt mit den USA und im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine unterwegs. An Trumps Administration scheiterte auch er, Strafzölle konnte er nicht verhindern. (mün)
Olaf Scholz, Finanzminister (SPD)
Musste viel Kritik einstecken für seinen ersten Haushalt. Er verwalte nur das Erbe von Cdu-vorgänger Wolfgang Schäuble. Seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung aber sind gut. In die Reform der Eurozone kniete er sich rein. Zudem mehren sich Anzeichen, dass die Konjunkturparty vorbei ist. Da ist einer wie Scholz, der das Geld zusammenhält, der richtige Mann am richtigen Platz. (tb)
Katarina Barley, Justizministerin (SPD)
Gleich am ersten Tag als Justizministerin stellte Barley ihren Entwurf für ein Gesetz vor, das Musterklagen für Verbraucher ermöglichen soll – mittlerweile ist das Gesetz beschlossen. Jetzt will sie die Mietpreisbremse anziehen. Beim Datenschutz versucht sie, Internetriesen wie Facebook zu zügeln. In der Verfassungsfrage der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze hält sich Barley zurück. (cu)
Horst Seehofer, Innenminister (CSU)
Er hat sich ein Superressort für Sicherheit, Bau und „Heimat“gebastelt. Derzeit aber ist er vor allem „Asylminister“und CSU-CHEF, getrieben aus der bayerischen Staatskanzlei – erhält aber auch Applaus in der CDU. Doch Seehofers „Masterplan Asyl“kennt niemand. Bei Bau und „Heimat“ist wenig passiert. Sein Plus: In der Bamf-affäre tauscht er die Spitze des Asylamts aus – ein Neuanfang. (cu)
Hubertus Heil, Arbeitsminister (SPD)
Weniger befristete Arbeitsverträge, Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit, ein Rentenpaket mit stabilen Beiträgen, etwas mehr Mütterrente – Heil arbeitet sein straffes Programm sehr geräuschlos ab. Offen bleibt, wo er auf dem für die SPD so wichtigen Feld der Arbeits- und Sozialpolitik eigene Akzente setzen will. Spätestens das Großprojekt Rentenreform bietet ihm die Chance zur Profilierung. (phn)
Heiko Maas, Außenminister (SPD)
Viel unterwegs (120 000 Flugkilometer), mit Licht und Schatten. Mit emotionalen Auftritten kittete er das deutsch-israelische Verhältnis. Deutschlands Einzug in den Un-sicherheitsrat stärkt Maas’ internationales Gewicht. Ein wenig verhob er sich mit seiner Russlandkritik. Den Handelsstreit mit den USA brachte Maas auf den Punkt: Die Antwort auf „America First“müsse „Europe United“lauten. (tb)
Ursula von der Leyen, Verteidigungsministerin (CDU)
Vor vier Jahren startete die erste Frau an der Spitze der Bundeswehr mit der Ansage: Ich muss erst lernen. Nun ist die Ministerin angekommen, doch viele Probleme sind ungelöst. Vor allem die schlechte Ausstattung der Truppe sorgt immer wieder für Kritik. Von der Leyen kämpft um mehr Geld, müsste aber in außenpolitisch unruhigen Zeiten mehr Gas bei den Reformen geben. (ak)