Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Reden mit der Körperspra­che

- Von Reiner Schmalzl

Reden ist Silber, schweigen ist Gold. Ein Spruch, der sich auf die mündliche Kommunikat­ion bezieht. Aber wir „reden“auch mit den Augen, der Mimik und Gestik und dem Körper. Denn die Körperspra­che macht sehr viel aus und sagt auch etwas über den Menschen und die Haltung.

Gegenüber unserer Redaktion standen neulich zwei Damen mit bunten Heften in einem Aufsteller. Die Hände hatten sie in der Hosentasch­e, sie standen hinter ihrem Aufsteller und die Schultern ließen beiden hängen. Für mich, aus meinem Fenster betrachtet, sah das nicht nach Spaß und Freude aus. Und schon gar nicht danach, dass die beiden ihre Hefte loswerden wollten. Vermutlich mussten sie diesen Job übernehmen, vielleicht auch ein ehrenamtli­ches Engagement. Aber dann doch bitte mit Enthusiasm­us und Begeisteru­ng! Vielleicht haben die beiden auch für ihr Thema gebrannt – ausgestrah­lt in Form ihrer Körperspra­che haben sie das allerdings nicht. Eine aufrechte Körperhalt­ung und ein Lächeln hätten mit Sicherheit Wunder gewirkt und die Laune der beiden wäre sicher auch gestiegen. Ein Lächeln öffnet sowie Türen. Künstler Christoph Haupt über seinen Umzug ins neue Atelier

Judith Liebergese­ll, Pflegeguta­chterin aus Heiligenst­adt:

Ich wohne seit drei Monaten wieder in Heiligenst­adt. Vor zehn Jahren war ich nach Hardegsen gezogen. Es ist schön, wieder hier zu sein, die ganze Familie wohnt im Eichsfeld. Wir unternehme­n oft Radtouren. Nun kann auch meine Tochter mitfahren. Karla Marie ist ganz stolz darauf, ohne Stützräder fahren zu können und hält schon zwei bis drei Kilometer durch. Foto: Eckhard Jüngel Duderstadt. Der aus Duderstadt stammende Erfurter Jurist, Hochschull­ehrer und Stiftsgeis­tliche Johannes Steinberg hatte kurz vor seinem Tod Anfang Januar 1500 in seinem Testament den Verbleib seiner privaten Büchersamm­lung festgelegt. „Kümmert euch darum, meine Bücher zu bewahren“, soll der Spitzengei­stliche seiner Zeit damals den drei Testaments­vollstreck­ern mit auf den Weg gegeben haben. Steinberg übereignet­e die Bücher somit seiner in Duderstadt ansässigen Familie.

Mehr als 500 Jahre später sorgt nun der Erfurter Wissenscha­ftler Frank-joachim Stewig dafür, dass der spätmittel­alterliche Bücherscha­tz aus Sammlungen der Eichsfelds­tadt in den Fokus der Fachwelt und der Öffentlich­keit gerückt wird.

„Ein lange in Vergessenh­eit geratenes Kapitel Duderstädt­er Stadtgesch­ichte wieder aufzuschla­gen, daran wird Steinberg nicht gedacht haben. Vielmehr ging es ihm darum, die Bücher nach seinem Tod als Ganzes zum Nutzen seiner lebenden Angehörige­n und ihrer Nachfahren auf ewig bewahrt und in guten Händen zu wissen“, so der Historiker Stewig. Immerhin entdeckte er im Archivkell­er der Propstei Duderstadt insgesamt 37 Drucke aus dem 15. Jahrhunder­t.

Bis vor wenigen Monaten sei niemandem bewusst gewesen, dass sich als Teil der seit Jahrhunder­ten mit der Stadt und ihrer Pfarrkirch­e „St. Cyriakus“verbundene­n historisch­en Bibliothek ein Bücherscha­tz mit zahlreiche­n Druckwerke­n aus dem Jahrhunder­t Gutenbergs erhalten hat, erinnert Propst Bernd Galluschke.

Bei den neu entdeckten Drucken handelt es sich um sogenannte Inkunabeln oder Wiegendruc­ke, die zwischen der Fertigstel­lung der Gutenberg-bibel im Jahr 1454 und dem 31. Dezember 1500 mit bewegliche­n Lettern entstanden.

„Sie gehören ab heute zu den Orten des Segens, weil sie uns zu den Wurzeln der digitalen Revolution führen“, würdigte Galluschke den sensatione­llen Fund am Dienstagab­end während eines Festaktes in der Duderstädt­er Basilika. Man müsse daher denen danken, die vor 500 Jahren so weise gehandelt und dazu beigetrage­n hätten, dass das Eichsfeld zu einer Schatzkamm­er der Kultur geworden sei, ergänzte Bürgermeis­ter Wolfgang Nolte (CDU). Als Vorsitzend­er des Heimatvere­ins „Goldene Mark“bedankte sich Gerold Wucherpfen­ning bei allen Schatzsuch­ern, Ideengeber­n, Mitwirkend­en und Förderern dafür, dass die dem Vergessen entrissene­n Bücherschä­tze präsentier­t werden können.

Die am Dienstag feierlich eröffnete Sonderauss­tellung „Dem Vergessen entrissen!“des Duderstädt­er Heimatmuse­ums versammelt eine mittelalte­rliche Handschrif­t und 40 Inkunabeld­rucke. Präsentier­t wird beispielsw­eise ein sogenannte­r Butterbrie­f. Diese Dokumente erlebten im ausgehende­n Spätmittel­alter als Gnadenmitt­el eine Hochkonjun­ktur. Frank-joachim Stewig erinnert nämlich, dass die Butterbrie­fe den Gläubigen die Möglichkei­t boten, die kirchliche­n, zudem auch kirchenrec­htlich sanktionie­rten Fastenbest­immungen zu umgehen. Dies hatte zur Folge, dass die Fastenprax­is unterwande­rt und ausgehebel­t worden sei.

Ergänzt wird die Exposition durch einmalige Zeugnisse zur Buch- und Bibliothek­sgeschicht­e Duderstadt­s im ausgehende­n Mittelalte­r und in der beginnende­n Neuzeit, in die Zeit zurück, als in Mainz Johannes Gutenberg durch seine bahnbreche­nde Erfindung die Welt zu verändern begann.

Leihgaben kamen unter anderem aus den Stadtarchi­ven Erfurt und Mühlhausen. Redaktion für den im Verlag Mecke Druck erschienen­en Begleitban­d führte Museumsche­fin Sandra Kästner. Die Wingeröder­in freut sich, dass mit den Duderstädt­er Schätzen auch das Museum dem Vergessen entrissen werde. Mit der Ausstellun­g würde man sich nun in der Champions League, nicht mehr in der Kreisklass­e bewegen.

„Heiligenst­adt hat sich zu einem Stück Zuhause entwickelt.“

Die Sonderauss­tellung „Dem Vergessen entrissen!“im Duderstädt­er Heimatmuse­um ist vom . Juni bis . September jeweils freitags bis sonntags von  bis  Uhr geöffnet.

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Antonia Pfaff über das Auftreten und Stehen auf der Straße

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