Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Streit im Leinefelder Ausbildungszentrum
Angeklagtem Lehrling können Handgreiflichkeiten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden
Heiligenstadt.
Der Vorfall soll sich im September 2017 in der Werkstatt des Leinefelder Ausbildungszentrums ereignet haben. Ein 33-Jähriger soll gestänkert und am Mauerwerk, an dem der später Angeklagte gerade arbeitete, manipuliert haben. Zuvor soll der 23 Jahre alte Angeklagte eine Zigarettenkippe in den frischgesiebten Mörtel geworfen und damit die bisherige Arbeit zunichte gemacht haben. Laut Anklage kam es zu einer handfesten Auseinandersetzung, bei der der 23-Jährige den anderen zu Boden gedrückt und mehrfach geschlagen haben soll. Der angebliche Geschädigte soll eine Prellung der Schulter, des linken Ellenbogens sowie eine Gehirnerschütterung erlitten haben. Der angeklagte Azubi bestritt die Vorwürfe. „Ich habe ihn nicht angefasst“, sagte er zu Prozessbeginn. Es habe tatsächlich einen Streit mit kleinen Drohungen gegeben. Aber die Verletzungen habe sich der 33-Jährige selbst zugefügt, als er plötzlich gegen die Wand gesprungen und dann zu Boden gefallen sei. „Der hat mich angegriffen“, habe er dabei geschrien.
Mit einer fast identischen Aussage bestätigten zwei Zeugen, 58 beziehungsweise 18 Jahre, die Einlassung des Angeklagten. Der mutmaßliche Geschädigte schilderte den Vorfall ganz anders, aber so wie zuvor bei der Polizei, als er den Vorfall anzeigte. Der zuständige Staatsanwalt fand die Aussage des Opfers nicht unglaubwürdig. Allerdings habe sich der Vorwurf aus der Anklageschrift im Prozess nicht bestätigt. Seinem Antrag auf einen Freispruch entsprach die Strafrichterin. Laut Urteilsbegründung kann dem Angeklagten die Körperverletzung nicht „zweifelsfrei“nachgewiesen werden. Die Zeugen offenbarten viele Erinnerungslücken, hieß es darin. Ein weiterer Zeuge hatte bei der Polizei noch einen „Schubser“geschildert. Daran konnte er sich vor Gericht nicht mehr erinnern.
Für die Schüler im Zuschauerraum war der Fall vor allem wegen der widersprüchlichen Aussagen sehr interessant. Sie wollten nach Prozessende wissen, ob dem Belastungszeugen nun selbst ein Verfahren drohe. „Nein“, betonte der Staatsanwalt, er gehe nicht davon aus, dass der Zeuge gelogen habe. Nur der Tatvorwurf habe sich durch seine Aussage letztlich nicht bestätigt.