Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Wiedersehen macht Freude
So eine Weltmeisterschaft ist ja immer auch ein Treffen der Kulturen. Saudis und Uruguayer hier. Senegalesen und Polen dort. Und überall die Brasilianer. Unterwegs in Russland trifft man Tataren, Darginer, Kalmücken und Tadschiken. Man lernt iranische Frauen kennen, die zum ersten Mal im Stadion Fußball sehen. Trifft Argentinier, die das „Movimiento Maradoniano“zur Befreiung der Nation gegründet haben. Und staunt über eine ganze Armee von Mexikanern mit riesengroßen Sombreros.
In einem Land, das 17 Millionen Quadratkilometer groß ist, sollte man auf Überraschungen vorbereitet sein. So wie in Sotschi beim armenischen Imbiss meines Vertrauens, der nur einen Einwurf von meinem Hotel entfernt die besten Köfte der Stadt bietet. Armenien liegt tatsächlich nur eine Flugstunde von Sotschi entfernt. Und neben diesen unverschämt guten Hackfleischbällchen, die besagter Imbiss zum Schnäppchenpreis zaubert, bin ich beim letzten Besuch auf einen wirklichen Exoten gestoßen: Simon, langjähriger Kollege der „Hamburger Morgenpost“.
Ich ziemlich überrascht: Du hier? Er nicht weniger überrascht: Und Du? Auch hier? Und so ging der intellektuelle Austausch der Total-überraschten noch eine ganze Weile weiter. Nun gibt es in der russischen Urlaubshochburg Sotschi 1192 Quartiere, in denen man absteigen kann. Doch am Ende des ungeplanten Treffens beim Armenien-imbiss stellte sich heraus, dass Kollege Simon und der Rest der Journalisten, die dem deutschen Nationalteam überall hinterherreisen, ausgerechnet im gleichen Hotel abgestiegen sind wie ich.
Und so trifft man ab sofort am Frühstücksbuffet keine tanzenden Nigerianer, singenden Portugiesen oder schweigende Südkoreaner mehr. Auch keine Usbeken, Chakassen oder Abchasen. Sondern die geschätzten Kollegen von der „Badischen Zeitung“, der „Frankfurter Rundschau“oder dem „Bonner Generalanzeiger“. Und eben Simon. Da widerspreche noch einer, wenn es wieder mal ein wenig abgedroschen heißt: Die Welt ist doch nur ein Dorf.