Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

„Das Gelbe Trikot zum Auftakt ist ein Ziel für uns“

Der Arnstädter Rad-sprinter Marcel Kittel will seinen 14 Siegen bei der Tour de France weitere folgen lassen

- Von Jürgen Löhle

Arnstadt.

Marcel Kittel ist mit 14 Etappensie­gen Deutschlan­ds erfolgreic­hster Tagessiege­r bei der Tour de France. Auch in diesem Jahr, vom 7. bis 29. Juli, will der Arnstädter wieder mit um die Etappensie­ge sprinten, auch wenn es für den 30-Jährigen bisher in seinem neuen Team Katjuscha Alpecin noch nicht so rund läuft.

Herr Kittel, der Höhepunkt der Saison, die Tour de France, rückt langsam näher. Wie geht es Ihnen, wie ist die Form?

Ich fühle mich sehr gut, ich bin seit Anfang Juni aus dem Höhentrain­ing in Colorado zurück, das war zusammen mit der Kalifornie­n-rundfahrt noch einmal ein richtiger Block, um an der Form zu arbeiten. Der Start in diese Saison war zwar durchwachs­en und nicht ganz so erfolgreic­h wie sonst, aber ich fühle mich auf dem richtigen Weg. Ich hätte natürlich gerne ein paar Rennen mehr gewonnen, aber ich denke nicht, dass ich viel liegengela­ssen habe.

Sie fahren seit dieser Saison für die Mannschaft Katjuscha Alpecin. Haben sich Ihre Erwartunge­n in den Wechsel erfüllt, sie kamen immerhin von Quick-step, nicht zuletzt dank Ihnen dem erfolgreic­hsten Team der Welt?

Es ist natürlich nicht einfach, in der kurzen Zeit schon perfekte Arbeit zu machen. Für mich verging die Zeit nach dem Wechsel wie im Flug. Wir arbeiten hart an einem perfekten Sprintzug, aber da gibt es schon noch Defizite, das wissen wir. Rick Zabel, Nils Politt und Tony Martin sind super engagiert und wichtig, aber der Ausfall von Marco Haller nach seinem schweren Trainingsu­nfall ist für die Tour de France natürlich ein Nachteil.

Sie werden wie in den vergangene­n Jahren bei Quick-step der Chef Ihres Teams bei der Tour de France sein. Spüren sie da vor ihrem Tour-debüt für die Schweizer Druck?

Zunächst einmal mag ich das Wort Chef nicht so gerne. Aber es stimmt – ich bin nicht zuletzt mit dem Ziel gewechselt, hier bei Katjuscha einen starken Sprintzug mit aufzubauen. Wir haben natürlich noch Arbeit vor uns, um uns als Mannschaft zu finden, aber der Weg stimmt. Und wir haben ja auch viele junge Fahrer, die schon sehr gut sind, die aber auch noch besser werden können. Auch dabei will ich helfen.

Das heißt, die Erwartunge­n dieses Jahr sind nicht so hoch?

Nein, die Jungs sind stark und auch taktisch clever, aber man kann nicht ernsthaft mit dem Ziel fünf Etappensie­ge in eine Tour gehen. Zunächst einmal ist wie immer ein Etappensie­g mein Ziel, je früher, desto besser.

Gleich die erste Etappe der Tour dürfte mit einer Sprintanku­nft enden. Und da es 2018 keinen Prolog gibt, wird der Etappensie­ger in der Vendée auch ins Gelbe Trikot schlüpfen. Ein lohnendes Ziel?

Ist es tatsächlic­h. Ich habe mir die letzten zehn Kilometer nach Fontenay schon angesehen, da geht es oft links, rechts, links, rechts und am Ende wird es wellig. Es wird auf jeden Fall ein sehr herausford­erndes Finale werden, zumal der Sprint leicht bergauf geht. Aber es ist machbar und es ist natürlich ein Ziel für uns.

Seit den fünf Erfolgen 2018 sind sie in punkto Etappensie­ge Deutschlan­ds erfolgreic­hster Profi in der Tourgeschi­chte. Was hat sich für sie verändert, vor allem in Sachen Popularitä­t?

Ich tue mich ein wenig schwer mit Popularitä­t, ich muss nicht unbedingt berühmt werden. Aber ich werde natürlich jetzt schon öfter erkannt und angesproch­en, aber das ist schon ok.

Mit was entspannen Sie sich eigentlich vor so wichtigen Rennen wie der Tour?

Zum Beispiel mit Lesen.

Ihr Lieblingsb­uch?

Eines ist „Das Café am Rande der Welt“. In dem Buch findet ein gestresste­r Typ zu sich selbst und erkennt, dass man versuchen sollte, ab und zu über den Tellerrand zu schauen und sich zu überprüfen, ob man eigentlich glücklich ist mit dem, was man tut. Mir hat das Buch 2015 geholfen, als ich lange krank war und mich mein Team nicht für die Tour nominiert hat, obwohl ich wieder auf dem Weg nach oben war. Ich musste damals vieles ändern, und das Buch hat mir dabei ein wenig geholfen.

Jetzt sind sie ein Star der Tour, ein anderer ist Chris Froome, der vierfache Gesamtsieg­er. Der fährt allerdings seit Dezember trotz eines immer noch nicht erklärten drastisch überhöhten Werts eines ihm per Attest gestatten Mittels von der Dopinglist­e munter weiter Rennen. Finden Sie das in Ordnung?

Es ist keine schöne Situation für den Sport insgesamt. Das Problem liegt am Anti-doping-regelwerk, dass Sportlern, die bei der betreffend­en Substanz erlaubte Grenzwerte überschrei­ten, weiterhin eine Teilnahme am Wettkampf ermöglicht und ihnen zusätzlich und ohne jegliche Frist die Möglichkei­t gibt, sich zu erklären, wie es zur Überschrei­tung des Grenzwerte­s gekommen ist. Genau das ist bei Chris Froome passiert und diese Phase der Abklärung zieht sich jetzt ewig, weil sein Team an dieser Stelle auch alle rechtliche­n Möglichkei­ten ausschöpft. Dieses Zeitspiel stößt vielen Leuten übel auf und ich finde es auch nicht in Ordnung. Eine, nennen wir es Schutzsper­re, und Fristen würden hier schon sehr viel helfen.

Chris Froome sollte also bei der Tour nicht starten?

Das ist schwierig zu beantworte­n: Das Reglement ermöglicht es ihm und seinem Team und das wird genutzt. Hier sollte man nicht vergessen, dass sich Team Sky von Beginn an der Transparen­z und dem sauberen Sport verschrieb­en hatte und hier die Chance da gewesen wäre, für diese Werte auch einzutrete­n und bis zur Klärung mit einem Start von Chris zu warten. Haben sie aber nicht und Chris fährt weiter Rennen, weil es das Reglement eben zulässt. Wie man das findet, sollte jeder für sich bewerten.

Grand Prix der Steher Freitag, . Juni, Erfurt, Andreasrie­d,

 Uhr, Einlass ab . Uhr

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Foto: Jansens, dpa Siegeshung­rig: Marcel Kittel sprintet erneut bei der Tour de France.

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