Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Falsche Erbin betrügt High Society
Deutsche gab sich in New York als reiches It-girl aus, führte so ein Luxusleben. Netflix will ihr Leben verfilmen
Nobel-hotels, dinierte regelmäßig in den Gourmet-tempeln Sohos, warf mit 100-Dollartrinkgeldscheinen nur so um sich und buchte Luxus-trips für 7000 Dollar die Nacht nach Marrakesch. Anna orderte Privatflugzeuge und erschlich sich kaltschnäuzig stattliche Bankkredite. Und das immer zu Lasten Dritter, die sie irgendwie überredete, für sie einzuspringen, und die lange Zeit ignorierten (oder übersehen wollten), dass der falsche Fuffziger aus dem Rheinland nicht mal ansatzweise die erforderliche Finanzkraft besaß. Auf mindestens 275 000 Dollar soll sich der Schaden belaufen, heißt es in der Anklage.
Einen Hang zum Luxus hatte die gebürtige Russin schon lange. In Eschweiler erinnern sich ehemalige Mitschüler an ein schlaues Mädchen, das trotz Sprachproblemen ihr Abitur schaffte – und das gelangweilt wirkte vom „normalen“Leben. In der Abizeitung des Bischöflichen Liebfrauengymnasiums schrieben ihre Freundinnen über sie: „Beste Marken sind ihr gerade gut genug“, ihre Schuhe konnten nicht glamourös genug sein. Annas Spitzname: Barbie. Nun droht ihr eine lange Haftstrafe. Aus dem Knast heraus gibt sie irrlichternde Interviews, die laut Richterin Diane Kiesel mehr von der Sorge getragen sind, welcher Hollywood-star sie denn nun auf der Leinwand verkörpern soll. Im Gespräch sind Jennifer Lawrence (27) und Margot Robbie (27), die gerade in der Rolle der Eislauf-hexe Tonya Harding brillierte.
Der Schaden, den die als Praktikantin einer Modezeitschrift gestartete Sorokin unter Ausnutzung verblüffender Leichtgläubigkeit diverser New Yorker Szenegrößen aus Kunst, Geld und Gastro angerichtet hat, spiele dagegen keine Rolle. Von Einsicht, Läuterung oder gar echter Reue nicht der Hauch einer Spur. Im Gegenteil.
Die junge Frau sieht sich zu Unrecht kriminalisiert. Mit der nötigen Unterstützung, sprich: viel Geld von anderen, sagt sie unbeirrt, hätte sie ihr Traumprojekt mitten in New York verwirklicht – ein multifunktionales Kulturzentrum. Und alle Schulden abbezahlt. Richterin Kiesel machte da nicht mit. Am 18. September beginnt der Strafprozess gegen Sorokin. Wenn es schlecht läuft, verschwindet das selbst kreierte It-girl für 15 Jahre von der Bildfläche. Ob sie das schreckt?
Rikers Island sei „in Wahrheit gar nicht so übel“, sagt sie, „ich sehe das als soziologisches Experiment“. Mit einigen weiblichen Insassen will sie sich bereits angefreundet haben. Darunter sei ein Mädchen, das anderer Leuts Identitäten gestohlen hat. „Ich hatte gar nicht gewusst“, staunt Sorokin, „wie einfach das ist.“
Sorokin drohen 15 Jahre Haft