Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Die wunderbare Welt des Hans-friedrich Weissbach
Teile der Sammlung des Hessen werden in Dingelstädt ihren Platz bekommen
Dingelstädt.
Der eine freut sich riesig über ein einmaliges Angebot, der andere ist eher traurig, weil er sich von liebgewordenen Stücken trennen muss. Der eine ist Frank Schröter vom Kanonenbahnverein, der, wie er sagt, das große Los gezogen hat. Sein Verein kauft einen Teil der Sammlung des Eschwegers Hans-friedrich Weissbach, dessen große Leidenschaft seit vielen Jahrzehnten die Eisenbahn ist, und der fast alles, was man mit ihr verbindet, zusammentrug. „Und dabei geht es auch noch vordergründig um die Kanonenbahn“, sagt ein begeisterter Frank Schröter.
Im Laufe von 40 Jahren hat Hans-friedrich Weissbach rund um sein Haus einen kleinen Bahnhof aufgebaut, der schon viele bewundernde Blicke auf sich zog. Und zwar nicht nur von denen, die seine Leidenschaft teilen. „Ich habe als Kind mit dem Sammeln begonnen, denn die Eisenbahn hat mich stets fasziniert“, erzählt der 80Jährige. Schon als Steppke hätte ihn die Mutter in den Sportwagen gesetzt und sei mit ihm zum Bahndamm gefahren, wenn „der kleine Quälgeist mal Ruhe geben sollte“. Das klappte, denn Hans-friedrich Weissbach war ganz angetan von den Dampfloks, die vorbeifuhren. Er lauschte dem Zischen und Fauchen und sah eine wunderbare Eisenbahnwelt. „Die Faszination hat mich in all den Jahren nicht wieder losgelassen“, berichtet der Mann, den die Umtriebigkeit auf Bahnhöfen noch heute verzaubert. Bei ihm Zuhause kann man in diese Bahnhofs- und Eisenbahnwelt eintauchen. „Ein ICE Nummer 5 interessiert mich nicht so, aber bei einer alten Dampflok spitze ich die Ohren und bin hellwach“, meint der ehemalige Grafikdesigner und schmunzelt verschmitzt. Von Berufswegen schlägt sein Herz aber nicht nur für die eigentliche Technik, sondern beispielsweise auch für die alten Schilder, die auf Bahnhöfen zu finden waren, besonders für die Ausführungen aus den 20er bis 40er Jahren. Zu finden sind bei Hans-friedrich Weissbach viele Dinge, und nicht fehlen dürfen natürlich eine alte Bahnhofsuhr, ein Prellbock oder Doppelschranken. „Der nostalgische Part, das ist das A und O“, verrät er.
Zu seinen absoluten Lieblingsstücken gehört die sogenannte „Läutebude“. Die ist laut Weissbach eine Rarität und nur noch in Museen zu finden. Früher standen solche Teile, die wie eine Litfaßsäule aussahen, ein kleines
Dach hatten und mit zwei Glocken versehen waren, an jedem Bahnhof. Damit, so der Eschweger, habe man darauf aufmerksam gemacht, wenn ein Zug von A nach B fuhr. Da wundert es nicht, dass es ganz andächtig und mit einem Hauch Verehrung klingt, wenn der Senior über seine Exponate redet.
Weiter geht es zu einem gemauerten Häuschen im Fachwerkstil, genau gesagt zu einem Warteraum, wie man ihn in den 20er Jahren fand. Dem Original ist er bis ins Detail nachempfunden. Und es gibt natürlich eine richtige Lok, eine Kö-kleinlok. „Sie ist das, was alles krönt, das Prunkstück der Sammlung quasi“, so Hans-friedrich Weissbach, der den Blick langsam über all das schweifen lässt, was er in dem langen Sammlerleben fand und für wichtig erachtete. Da sind zum Beispiel auch ein Fernsprechhäuschen oder das Vorsignal. „Eigentlich ist es zu viel“, sagt der Hesse mit etwas Bedauern und schwenkt zu einem etwas anderen Thema über.
Gut erinnern kann er sich noch an den 9. November 1989, als die Mauer fiel. Da tat sich auch für ihn eine andere Welt auf, „eine, die bis dahin unerreichbar war“. Lengenfeld unterm Stein kannte er von Fotos, und dahin, wo das Viadukt steht, wollte er unbedingt. „Mein erster Weg führte also zum dortigen Bahnhof.
Ich hatte gleich
einen positiven Eindruck und traf auf eine Bahnbeamtin mit Kelle. Sie zeigte und erklärte mir viel. Und ehe ich mich versah, stand ich sogar hinter dem Schalter. Ich fand alles sehr interessant: die Lampen, die Schilder, die Technik. Da versteht es sich von selbst, dass ich dann auch den Kontakt zum Kanonenbahnverein und zu Frank Schröter gesucht habe“, erzählt Hans-friedrich Weissbach. Die Entwicklung des Vereins verfolgte der Hesse genau. Nun wird er einen Teil seiner Sammlung an den Verein verkaufen. „Ich weiß meine Exponate dort in guten Händen, und das ist mir wichtig. Außerdem schließt sich der Kreis.“Dass er seinen Schätzchen ab und an im Eichsfeld einen Besuch abstatten wird, davon ist auszugehen.
Das findet auch Frank Schröter (rundes Bild) vom Kanonenbahnverein nicht schlecht, der den 80-Jährigen schon lange kennt und der weiß, dass Weissbach nicht nur an der kleinen Lok hängt. Besonders wichtig ist es jedoch für ihn, dass Weissbachs Exponate in direktem Zusammenhang mit der Kanonenbahn stehen. „Vor der Wende hat er im westlichen Teil gesammelt, danach dann auch im östlichen“, erklärt Frank Schröter.
Ausflug in die Eisenbahngeschichte
Kleine Lok zieht in die Unstrutstadt um
Nun werden er und seine Mitstreiter sich Gedanken darüber machen, wo die Exponate aufgestellt werden sollen.
„Das muss passen und nachhaltig sein.“Vorstellen kann sich der Kanonenbahnfreund beispielsweise, dass die Lok nicht nach Lengenfeld, sondern an den alten Bahnhof in Dingelstädt kommt, denn dort wird derzeit noch saniert, was bedeutet, dass über das Gestaltungskonzept erst nachgedacht werden muss.
Ganz besonders freut sich der Eichsfelder auf die „Läutebude“, denn auch er weiß, welch besonderes Stück er mit dieser bekommt. Und noch viele Sachen mehr sollen in die Unstrutstadt gehen. Die Welt der Kanonenbahn und ihre Geschichte live zu erleben, das wird etwas Außergewöhnliches. „Das Ganze ist für uns ein Glücksgriff, eine einmalige Gelegenheit. Wir als Verein sind begeistert. Und für den Dingelstädter Bahnhof wird das das I-tüpfelchen“, sagt Frank Schröter und freut sich. Das kann er auch, schließlich soll es einen Mitinteressenten für die Exponate in Dänemark gegeben haben. Neben dem Empfangsgebäude in Dingelstädt bräuchte es laut Schröter aber noch einen Unterstand. Vor seinem inneren Auge sieht er schon das mit Weissbachs Sammlerstücken gestaltete Gelände.
Aber auch in Lengenfeld unterm Stein geht es in diesen Tagen weiter. Am Donnerstag kam ein Teil des Holzes, das als Bodenbelag für die Brücke gebraucht wird. In vielen Jahrzehnten hat Hans-friedrich Weissbach, der heute Jahre alt ist, Exponate rund um die Eisen- und die Kanonenbahn zusammengetragen. Auf seinem rund Quadratmeter großen Gelände in Eschwege ist daher ein kleiner Bahnhof entstanden, auf dem auch die kleine Lok steht. Besonders stolz ist der Hesse jedoch auf die „Läutebude“(links unten), denn die gilt mittlerweile als Rarität und findet sich wohl nur noch in Museen.