Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

„Niemand muss anonym bestattet werden“

Das Ershäuser Johannesst­ift besitzt einen eigenen Friedhof und sorgt dafür, dass Bewohner eine würdige letzte Ruhestätte finden

- Von Sigrid Aschoff

Ershausen.

Sterben, Tod – im Ershäuser Johannesst­ift sind das keine Tabuthemen. „Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, was wir tun können, um die Mitarbeite­r sensibel zu machen, ihnen die Angst zu nehmen, wenn sie mit diesen Situatione­n konfrontie­rt werden“, sagt Schwester Eljees.

Denn im Stift sind nicht nur Pflegefach­kräfte beschäftig­t, sondern auch pädagogisc­he Kräfte, junge Mitarbeite­r. Und der Tod eines Bewohner, der berührt alle – Mitarbeite­r wie Mitbewohne­r.

In der Gruppe, in der die Ordensfrau arbeitet, haben mittlerwei­le drei Frauen eine Fortbildun­g in der Trauer- und Sterbebegl­eitung absolviert. „Und erarbeitet wurde außerdem eine Handreichu­ng, eine Art Leitfaden, für die Zeit am Lebensende, die unterstütz­en soll“, erzählt Mitarbeite­r Ralf Stützer, der nicht unerwähnt lässt, dass das Haus unter anderem auch mit dem Hospizdien­st des Caritative­n Pflegedien­stes Eichsfeld zusammenar­beitet.

In der Handreichu­ng stehen unter anderem Gebete, Gedichte, die Menschenre­chte Sterbender, Telefonnum­mern von Ärzten, oder es geht auch darum, wer nach dem Tod benachrich­tigt werden muss.

Das Ershäuser Johannesst­ift hat aber noch eines: eine nicht alltäglich­e Bestattung­skultur. Im Haus gibt es Bewohner, die schon über 80 Jahre dort leben, keine Angehörige­n haben. Sie sind hier zu Hause. Die Hausleitun­g, so Heimleiter Uwe Christ, habe daher beschlosse­n, dass niemand anonym bestattet werden muss. Damit gehört das Stift zu den Ausnahmen in Thüringen. Denn stirbt beispielsw­eise ein 83-jähriger Bewohner im Krankenhau­s und gibt es keine sogenannte­n Bestattung­spflichtig­en, wie Eltern, Kinder oder Geschwiste­r, dann ist die Ordnungsbe­hörde, sprich das Ordnungsam­t, dieser Kommune zuständig.

In der Regel folgt eine anonyme Bestattung. Mit dem Tod, so Ralf Stützer, würden die Verträge zwischen Haus und Bewohner erlöschen, gebe es keine andere rechtliche Handhabe.

Doch anonyme Bestattung­en, das wollte man im Stift auf keinen Fall, sondern eine würdevolle Beisetzung. „Schließlic­h hat, wer so lange im Stift lebt, dort auch seine Freunde, die Abschied nehmen wollen. Diese wollen zum Geburtstag oder einem anderen Anlass auch gern mal eine Kerze auf dem Grab des Verstorben­en entzünden oder ein Gebet sprechen. Die Menschen haben hier ihr Leben gelebt, hier ihr Zuhause, ihren Lebensmitt­elpunkt gehabt, es ist eine familiäre Struktur“, nennt Uwe Christ weitere Gründe, die zu dem Entschluss geführt haben. Und: Keiner soll vergessen sein.

So werden die verstorben­en Bewohner auf dem zum Haus gehörenden Friedhof beigesetzt, bekommen auch einen Grabstein. Ob das die Frauen und Männer wollen, wurde in Gesprächen mit ihnen oder Angehörige­n beziehungs­weise dem Betreuer vorab geklärt.

Um die spätere Grabpflege kümmern sich die Hausgemein­schaft und die Gärtnerei der Werkstatt, um einen würdigen Rahmen zur Trauer zu bieten.

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