Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Die Erfurter Elefanten erlösen Csami aus der Einsamkeit

Nach dreieinhal­b Jahren ist der 20-jährige Wildfang zurück und schickt sich an, die Boss-rolle zu übernehmen

- Von Holger Wetzel

Erfurt. Wie ein Kind, das nicht von seinem Kuscheltie­r lassen kann, hängt die Elefantenk­uh Csami an einem alten Traktorrei­fen. Die ungewöhnli­che Beziehung begann vor einem halben Jahr, als im Safaripark von Sigean (Frankreich) Csamis große Liebe starb. Der Reifen half ihr, die Einsamkeit zu ertragen.

Auch im Erfurter Zoo, in den sie am Freitagabe­nd zurückkehr­te, nimmt Csami den Reifen überall hin mit. Aber er ist nicht mehr der alleinige Fokus ihrer Aufmerksam­keit. Denn langsam begreift Csami, dass die Zeit der Einsamkeit vorbei ist. Noch beschränkt sich der Kontakt zu den anderen Bewohnern des Elefantenh­auses, zu Safari, Chupa und zum Jungbullen Kibo, auf das Berüsseln durch die Metallstre­ben der Sicherheit­szäune – „Kuschelzäu­ne“nennen sie die Pfleger. Doch vermutlich schon bald können die Tiere zusammenge­führt werden.

In ihrer eigenen, mysteriöse­n Sprache kommunizie­ren die Elefanten ohne Unterlass. Nur das resonante Grummeln und das einschücht­ernde Brüllen sind für die Menschen zu hören. Die konzentrie­rten Blicke von Casmi verraten aber auch in stillen Momenten, das sie gerade Signale auf unverständ­lichen Frequenzen empfängt. Csami hat zunächst den Bullenstal­l bezogen. Von dort pflegt sie Sicht- und Riechkonta­kt zu den Gefährten. Die Nacht zum Mittwoch verbrachte sie an einem offen gelassenen Spalt zu Kibos Stall. Als Kibo und Chupa am Mittwoch ans ferne Ende des Außengelän­des wanderten, kehrten sie eilig zurück, als Csami nach ihnen rief. „Ganz am Anfang war Csami etwas scheu“, sagt die Zoo-direktorin Sabine Merz. „Aber dann wollte sie den Kontakt nicht mehr missen.“

Csami ist ein afrikanisc­her Wildfang und kam 1999 mit drei Jahren nach Erfurt. Bis sie vor dreieinhal­b Jahren zusammen mit Seronga nach Frankreich transporti­ert wurde, wuchs sie in der Obhut der heute 46-jährigen Safari auf, die im Erfurter Zoo die Rolle der fürsorglic­hen Tante einnimmt. Wenig deutet bislang darauf hin, dass sich die beiden wiedererke­nnen.

„Es ist ein anderer Elefant, der da wiedergeko­mmen ist“, meint der Pfleger Jörg Werner. Er kennt Csami von früher und im direkten Kontakt. „Sie war intelligen­t, arbeitswil­lig und umgänglich“, erzählt er. Die guten Eigenschaf­ten habe sie sich bewahrt, doch müsse das Vertrauen neu aufgebaut werden. „Das kriegen wir hin“, sagt Werner.

Seit ihrer Abreise hat Csami schwere Zeiten erlebt. Nach dem Transport und dem Tod ihrer Gefährtin Seronga musste sie auch den Tod des französisc­hen Bullen N‘dumé hinnehmen, der Csami laut Jörg Werner „abgöttisch geliebt“hat. Und dann kam die Einsamkeit, aus der sie nun erlöst wurde.

Chupa, die im Austausch für Csami nach Erfurt kam, ist eine Tochter von N‘dumé. Ohne zu mucken ordnet sie sich Csami unter. Laut Sabine Merz wird Csami die Boss-rolle im Erfurter Elefantenc­lan einnehmen.

Csami strotzt vor Energie, und auch die Statur passt: Mit ihren riesigen Ohren, dem breiten Rüsselansa­tz und einem deutlich kräftigere­n Körperbau als noch vor dreieinhal­b Jahren bietet sie einen imposanten Anblick. „Es ist ein superschön­er Elefant“, sagt Sabine Merz.

Den Traktorrei­fen hat Csami übrigens schon einmal im Stall vergessen.

Vertrauen muss neu aufgebaut werden

 ??  ?? Die etwa -jährige Elefantenk­uh Csami steht im Bullenstal­l der Erfurter Elefantena­nlage. Das Haus und den Vorstall hat sie schon erkundet. Seit ihrer Abreise hat sie körperlich zugelegt und ist nun vermutlich sogar größer als Safari. Foto: Holger Wetzel
Die etwa -jährige Elefantenk­uh Csami steht im Bullenstal­l der Erfurter Elefantena­nlage. Das Haus und den Vorstall hat sie schon erkundet. Seit ihrer Abreise hat sie körperlich zugelegt und ist nun vermutlich sogar größer als Safari. Foto: Holger Wetzel
 ??  ?? „Nicht ohne meinen Reifen“ist bislang noch das Motto von Csami. Foto: Sabine Merz
„Nicht ohne meinen Reifen“ist bislang noch das Motto von Csami. Foto: Sabine Merz

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