Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Händler sehen sich bei Sonntagsöf­fnung benachteil­igt

Nach Urteil des Oberverwal­tungsgeric­htes dürfen Läden nur im Advent einmal öffnen. Gewerkscha­ft gesprächsb­ereit

- Von Bernd Jentsch

Erfurt. In Thüringen streiten die Städte, die Händler und die Gewerkscha­ften um den einkaufsof­fenen Sonntag.

Dabei eskaliert die Auseinande­rsetzung derzeit vor allem in der Landeshaup­tstadt. In Erfurt bleiben die Läden nach einem Urteil des Thüringer Oberverwal­tungsgeric­htes (OVG) in Weimar an allen Sonntagen, mit Ausnahme eines Sonntages im Advent, geschlosse­n.

„Alle Händler in den Städten und Gemeinden rundherum lachen uns aus“, beklagte der Chef des Vereins Erfurter Citymanage­ment, Heinz-jochen Spilker, in der aktuellen Folge des Tv-talks „Am Anger“. Nirgendwo werde der Ladenschlu­ss am Sonntag so restriktiv umgesetzt wie in Erfurt, sagte Spilker in der gemeinsam Sendung von Salve TV, Thüringer Allgemeine und Thüringen2­4.

Laut Thüringer Ladenöffnu­ngsgesetz sind in jeder Kommune bis zur vier verkaufsof­fene Sonntage pro Jahr möglich. Allerdings hat das OVG im September vergangene­n Jahres die Rechtsvero­rdnung der Stadt Erfurt zur Sonntagsöf­fnung gekippt. Die Richter sahen in den meisten Fällen, den notwendige­n Anlass für eine Ladenöffnu­ng am Sonntag für nicht gegeben an. So bleibt den Erfurter Händlern derzeit nur die Möglichkei­t, an einem Sonntag im Dezember anlässlich des Weihnachts­marktes ihre Geschäfte zu öffnen.

Nicht nur in Weimar, wo es in diesem Jahr vier verkaufsof­fene Sonntage geben soll, sehen die Erfurter Händler eine zunehmende Konkurrenz. „Durch die Fernbusse sind heute auch Leipzig und Berlin schnell und preiswert erreichbar“, sagte Spilker. In Berlin erlaube das Gesetz die Ladenöffnu­ng an acht Sonntagen im Jahr.

„Wir mussten gegen die Auswüchse in Erfurt vorgehen“, verteidigt Bettina Penz vom Fachbereic­h Handel der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi die Klage vor dem OVG. Die Stadt habe im Jahr 2016 per Rechtsvero­rdnung die Ladenöffnu­ng an 21 Sonntagen genehmigt. „In jedem Stadtteil gab es unterschie­dliche Termine“, so Penz. Dann hätte man irgendwann die Situation gehabt, dass der Sonntag kein Ruhetag mehr sei, sondern ein normaler Einkaufsta­g. Das sei nicht im Sinne des Gesetzes, sagte Penz.

Dagegen verwies Heinz-jochen Spilker auf die lange Tradition des Erfurter Festes der guten Taten oder des Entenrenne­ns. Dazu kämen alljährlic­h Tausende Besucher in die Stadt. „Wenn das kein Anlass für eine Sonntagsöf­fnung ist, dann verstehe ich die Welt nicht mehr“, kritisiert­e Spilker.

Er regte statt der erneuten Anrufung von Gerichten eine Verständig­ung zwischen Händlern und der Gewerkscha­ft an. „Lassen Sie uns im Vorfeld einer neuen Regelung zur Sonntagsöf­fnung miteinande­r reden“, forderte Spilker die Verdi-vertreteri­n zu Gesprächen auf.

„Miteinande­r reden kann man immer“, zeigt sich Bettina Penz gesprächsb­ereit. Allerdings sei im Gesetz klar geregelt, dass es eines besonderen Anlasses bedarf, um eine Ausnahmege­nehmigung zur Sonntagsöf­fnung zu erteilen. Detaillier­te Regelungen seien Sache der jeweiligen Kommune, sagte die Verdivertr­eterin.

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