Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Sie müssen drücken, drücken, drücken“
Ex-sportmoderator Dieter Kürten hatte bei seinem plötzlichen Herzversagen einen Schutzengel. Beim Herz-aktiv-tag ermuntert er die Zuhörer zu beherzter Hilfe
Erfurt. Dieter Kürtens Schutzengel kam in Gestalt einer aus Marokko stammenden Altenpflegerin. Kurz nach einem Kirchenbesuch sei er vor sechs Jahren in der Wiesbadener Innenstadt mit blauen Lippen zusammengebrochen, erzählt der ehemalige Zdf-sportmoderator beim Herz-aktiv-tag am Erfurter Helios-klinikum. Khadija Faro ist damals die Einzige unter den vielen Umstehenden, die sofort von einen Herzproblem ausgeht – und die entsprechend handelt. Ihre Reanimation holt Kürten ins Leben zurück. „Ohne ihr beherztes Eingreifen gäbe es mich wohl nicht mehr“, sagt er.
Kürten hat überlebt. Seine 82 Lebensjahre merkt man dem sympathischen Fernsehgesicht nicht an. Seit er nach seinem plötzlichen Herzausfall auf offener Straße dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist, hat er eine Mission: Er will Menschen motivieren, in ähnlichen Fällen nicht ratlos dazustehen oder zuzusehen, sondern selbst zum Lebensretter zu werden.
So auch beim Herz-aktiv-tages der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-kreislauf-erkrankungen (DGPR). Breche eine Person bewusstlos zusammen, solle man sofort prüfen, ob sie noch reagiert und gegebenenfalls den Notarzt rufen. „Bis der eintrifft, muss mit der Wiederbelebung in Form einer Herzdruckmassage begonnen werden. Sie müssen drücken, drücken, drücken, das bringt etwas. Scheuen Sie sich nicht, dem Betroffenen Bluse oder Hemd aufzureißen und beginnen Sie mit der Herzdruckmassage und wenn nötig mit der Beatmung. Jede Minute zählt“, wirb Kürten leidenschaftlich in die Runde. Zudem gebe es heute in vielen öffentlichen Einrichtungen selbsterklärende Defibrillatoren. „Gut, schon mal damit geübt zu haben“, rät der Gast.
Unterstützung erhält Kürten vom Chefkardiologen des Erfurter Helios, Harald Lapp. „Wer die Klinik rechtzeitig erreicht, hat heute dank standardisierter Behandlungsabläufe beste Chancen, den Herztod zu überleben. Entscheidend sind die Minuten davor“, sagt der Experte. Viele Betroffene brächen im privaten Umfeld zusammen. „Die eigenen Lieben zu retten, sollte Motivation genug sein.“
Zu den Gesprächsteilnehmern gehört auch Hartwig Gauder, früherer Leichtathletikolympiasieger sowie mittlerweile seit 20 Jahren mit einem Spenderherz unterwegs und sportlich aktiv. Gauder wirbt für mehr Aufmerksamkeit gegenüber der eigenen Gesundheit, so erfasse er regelmäßig Herzfrequenz, Blutdruck und Körpergewicht.
In speziellen Handyapps und tragbaren Fitnesstrackern sieht auch Harald Lapp ein enormes Gesundheitspotenzial für Patienten und Ärzte. Ein Problem sei derzeit noch die Sicherheit – „wir wissen leider nicht, was die Anbieter mit unseren Daten machen“, so der Kardiologe.