Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Fremdenfei­nde im Jägerbatai­llon

Polizisten nehmen weiteren Bundeswehr­soldaten fest. Gab es ein rechtsterr­oristische­s Netzwerk in der Truppe?

- Von Alexander Kohnen, Miguel Sanches, Christian Unger

Berlin. Sie kannten sich gut, waren Freunde, beide im Dienstgrad des Oberleutna­nts, beide waren eine Zeit lang gemeinsam in der Zweiten Kompanie des Jägerbatai­llons 291 im französisc­hen Illkirch stationier­t. Und beide wollten offenbar aus rassistisc­hen Motiven einen Anschlag begehen. Die deutschen Soldaten Franco A. und Maximilian T. waren Rechtsradi­kale bei der Bundeswehr – und bildeten gemeinsam mit dem 24 Jahre alten Studenten Mathias F. mutmaßlich eine terroristi­sche Gruppe. Sie wollten offenbar töten – aus Hass gegen Flüchtling­e und die Politik der Regierung.

Justizmini­ster Heiko Maas und Ex-bundespräs­ident Joachim Gauck standen neben anderen Politikern und Personen des öffentlich­en Lebens auf ihrer Liste für Anschlagsz­iele – sie teilten ihre potenziell­en Opfer in Kategorien ein, A, B, C und D. Gauck und Maas fielen in die Gruppe A.

Maximilian T. soll diese Liste handschrif­tlich verfasst haben. Dienstag nahmen Polizisten den Mann im baden-württember­gischen Kehl fest. T. ist nun mit Mathias F., bei dem Ermittler das Waffenlage­r der Gruppe mit 1000 Schuss Munition entdeckten, und Franco A. die dritte Person, bei der sich die Ermittler sicher sind. Und die Planungen waren offenbar konkreter als bisher bekannt. So wurden laut „Spiegel“bei Franco A. handschrif­tliche Hinweise gefunden, wonach er und seine Komplizen mögliche Ziele bereits ausspähten. Auf der Liste stehen laut dem Bericht etwa das Geburtsdat­um von Maas und die beiden Anschrifte­n des Ministeriu­ms für Justiz und Verbrauche­rschutz. Zudem entdeckten die Fahnder eine Skizze der Büroräume der Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen Rechtsextr­emismus engagiert.

Alle drei Männer stammen aus Hessen. T. ist bereits mehrere Tage im Visier der Ermittler. Noch ist unklar, ob weitere Personen zu der mutmaßlich­en Terrorgrup­pe gehörten. Vor zwei Wochen waren A. in der Kaserne im bayerische­n Hammelburg und Komplize F. in Offenbach festgenomm­en worden. Mit der gestrigen Festnahme von Maximilian T. aber liegt der Verdacht nahe: Franco A. handelte bei der Bundeswehr nicht allein. Es gab eine Gruppe. Aber gab es auch ein Netzwerk?

Laut Generalbun­desanwalt war T., gegen den am Dienstag Haftbefehl erlassen wurde, maßgeblich in mögliche Anschlagsp­läne eingebunde­n. Im Fokus der Ermittlung­en zu dem mutmaßlich­en Trio steht weiterhin Franco A.: Er habe die Tat ausführen sollen. Dieser hatte sich Ende 2015 bei einer Erstaufnah­mestelle als syrischer Flüchtling ausgegeben und einen Asylantrag gestellt. Die Mitarbeite­r der Asylbehörd­e nahmen die Fingerabdr­ücke von Franco A. – die Polizisten später bei einem möglichen Anschlag etwa auf Politiker auch an der Tatwaffe gefunden hätten. Auf diese Weise wäre der Verdacht nach der Tat auf einen Asylbewerb­er gelenkt worden. Maximilian T. soll maßgeblich mitgeholfe­n haben, die Tarnidenti­tät von A. als Flüchtling über Monate aufrechtzu­erhalten. Wenn A. nach Bayern reiste, wo er als Geflüchtet­er gemeldet war und sogar Sozialgeld bekam, entschuldi­gte T. seinen Kameraden mit Ausreden bei den Vorgesetzt­en im Bataillon.

Der 27 Jahre alte T. war auch im Januar 2017 dabei. Er war mit A. nach Wien gereist – offenbar, um die Waffe für einen Anschlag, eine französisc­he Pistole, Kaliber 7,65 mm, zu beschaffen. Die Beschuldig­ten versteckte­n die Waffe in einem Putzschach­t am Wiener Flughafen, wo sie kurz darauf von einem Techniker entdeckt wurde. Der Plan ging nicht auf: Als Franco A. Anfang Februar wieder am Putzschach­t der Toilette auftauchte, nahmen österreich­ische Polizisten den Soldaten fest. Seitdem ist er auch im Visier der deutschen Ermittler.

Und nun auch der Deutsche Maximilian T. Er soll laut Ermittlern Foto: dpa festes Mitglied in der Online-chatgruppe sein, in der sich Franco A. und andere Sympathisa­nten austauscht­en: über rechtsextr­eme Reden und Fotos. Laut „Spiegel Online“sind die Ermittler bei den Auswertung­en der Chat-protokolle nicht nur auf ausländerf­eindliche Hetze gestoßen, sondern konnten auch einsehen, wie entschloss­en vor allem Franco A. gewesen sein soll.

Stahlhelme und Gewehre aus der Nazi-zeit

Der aktuelle Fall hat auch die Debatte über Rechtsextr­emisten in der Bundeswehr neu entfacht. Der Militärisc­he Abschirmdi­enst (MAD) geht aktuell 275 rechtsextr­emen Verdachtsf­ällen unter Soldaten nach. In den vergangene­n Jahren kam es immer wieder zu flüchtling­sfeindlich­en Äußerungen von Soldaten. Derzeit lässt der Generalins­pekteur Volker Wieker sämtliche Kasernen und Stuben nach Andenken an die Wehrmacht durchkämme­n – etwa Stahlhelme oder Gewehre, Relikte der Nazi-zeit.

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In dieser Kaserne des Jägerbatai­llons  in Illkirch waren Franco A. und Maximilian T. stationier­t – sie planten offenbar einen Anschlag.
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Ermittler bringen Maximilian T. zum Haftrichte­r. Foto: dpa

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