Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Rettung aus höchster Seenot

Seit 2015 hat die deutsche Marine 20 281 Flüchtling­e aus dem Mittelmeer auf ihre Schiffe geholt. Ob die Mission weitergeht, ist noch offen

- Von Miguel Sanches und Christian Unger

Berlin. Weitermach­en, was sonst? Wolfgang Hellmich (SPD), Vorsitzend­er des Verteidigu­ngsausschu­sses, setzt sich dafür ein, dass die Bundesmari­ne die Seenotrett­ung im Mittelmeer fortsetzt: die Eu-operation „Sophia“. Die Akzeptanz im Parlament ist groß. Seit 2015 hat die Marine 20 281 Menschen gerettet, erfuhr diese Zeitung aus dem Truppenein­satzkomman­do. Am 30. Juni endet das Mandat des Bundestage­s. Hellmich erwartet, dass das Kabinett eine Fortsetzun­g beantragen wird, noch im Laufe des Monats. Die Initiative muss von der EU ausgehen.

Etwa 25 Rettungssc­hiffe sind in der Region ständig im Einsatz. Allein in den vergangene­n vier Tagen wurden laut der Un-migrations­agentur IOM 6600 Flüchtling­e in Seenot aufgegriff­en, 50 000 seit Beginn des Jahres. Im selben Zeitraum sind 1150 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer ums Leben gekommen.

Die 100-köpfige Besatzung des Tenders „Rhein“– seit April vor Sizilien im Einsatz – nahm bereits Mitte des Monats 998 Männer und 183 Frauen auf. Am 1. Mai brachte sie ein Motorboot auf und fand Maschineng­ewehre, Mörser, Minen, Panzerabwe­hrwaffen und Granaten.

Vor Italiens Küste spielen sich seit Jahren Dramen ab. Schon 2014 wurden 170 000 Flüchtling­e gerettet. Man kann nicht mit Zahlen belegen, dass die Hilfsaktio­nen das Geschäft der Schlepper angetriebe­n hätten. Richtig ist aber, dass die Rettung einkalkuli­ert ist. Und dass 2016 die Zahlen wieder gestiegen sind, auf 181 000 Menschen.

Der Schwerpunk­t der Schleusera­ktivitäten liegt an der libyschen Küste. Die EU will die Küstenwach­e des Krisenstaa­ts stärken. Die Libyer haben dafür eine Wunschlist­e präsentier­t – sie bitten um 130 Boote, Funkgerät, Taucheranz­üge, schusssich­ere Westen oder Nachtsicht­brillen. Aber der Staat ist fragil, es ist bekannt, dass Teile der Einheitsre­gierung Verbindung­en zu Schmuggler­n haben.

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