Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Der Drahtseilakt des Bundespräsidenten in Israel
Steinmeier stand bei seiner Nahost-reise unter hohem Duck
Ramallah. Der Bundespräsident macht aus seiner Ungeduld keinen Hehl. Es sei endgültig Zeit, dass Israelis und Palästinenser wieder über einen dauerhaften Frieden verhandelten, mahnt Frank-walter Steinmeier im Amtssitz des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas in Ramallah. Abbas steht neben ihm, er nickt zufrieden, als Steinmeier sagt: „Es ist wirklich dringlich geworden, dass die Umsetzung der Vorschläge für eine Zwei-staaten-lösung tatsächlich gelingen muss.“Eben hat ihm Abbas mit einiger Zuversicht von seinem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump in Washington berichtet. Der wird in zwei Wochen nicht nur mit Spannung in Israel erwartet, Trump hat sich Abbas zufolge auch in Bethlehem in den Palästinensischen Gebieten angesagt. Bahnt sich da eine neue Friedensinitiative an? Steinmeier zeigte sich erfreut über das Signal, er sieht „sehr interessante Zeiten“, seine Zuversicht aber hält sich erkennbar in Grenzen.
Es ist der letzte Tag seines Nahostbesuchs, der Bundespräsident ist im Zwiespalt. Steinmeier ist erleichtert, einerseits: Er hat die heikle Mission in Israel gut gemeistert und die Differenzen offen, aber freundschaftlich angesprochen, ohne einen neuen Eklat zu riskieren. Aber jetzt ist der Präsident mit den Erwartungen konfrontiert, die an die Deutschen gerichtet werden. Abbas wünscht sich eine Vermittlerrolle der Deutschen.
Es passt ins Bild, dass der Bundespräsident als erster hochrangiger Politiker Deutschlands einen Kranz am Grab des 2004 verstorbenen Palästinenserführers Jassir Arafat niederlegt. Arafat wurde 1994 mit Israels damaligem Regierungschef Jizchak Rabin und Außenminister Schimon Peres mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Vielen Israelis galt er dennoch als Unterstützer der Terrors, während Palästinenser ihn als Galionsfigur sahen.