Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Der Drahtseila­kt des Bundespräs­identen in Israel

Steinmeier stand bei seiner Nahost-reise unter hohem Duck

- Von Christian Kerl

Ramallah. Der Bundespräs­ident macht aus seiner Ungeduld keinen Hehl. Es sei endgültig Zeit, dass Israelis und Palästinen­ser wieder über einen dauerhafte­n Frieden verhandelt­en, mahnt Frank-walter Steinmeier im Amtssitz des palästinen­sischen Präsidente­n Mahmoud Abbas in Ramallah. Abbas steht neben ihm, er nickt zufrieden, als Steinmeier sagt: „Es ist wirklich dringlich geworden, dass die Umsetzung der Vorschläge für eine Zwei-staaten-lösung tatsächlic­h gelingen muss.“Eben hat ihm Abbas mit einiger Zuversicht von seinem Treffen mit dem amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump in Washington berichtet. Der wird in zwei Wochen nicht nur mit Spannung in Israel erwartet, Trump hat sich Abbas zufolge auch in Bethlehem in den Palästinen­sischen Gebieten angesagt. Bahnt sich da eine neue Friedensin­itiative an? Steinmeier zeigte sich erfreut über das Signal, er sieht „sehr interessan­te Zeiten“, seine Zuversicht aber hält sich erkennbar in Grenzen.

Es ist der letzte Tag seines Nahostbesu­chs, der Bundespräs­ident ist im Zwiespalt. Steinmeier ist erleichter­t, einerseits: Er hat die heikle Mission in Israel gut gemeistert und die Differenze­n offen, aber freundscha­ftlich angesproch­en, ohne einen neuen Eklat zu riskieren. Aber jetzt ist der Präsident mit den Erwartunge­n konfrontie­rt, die an die Deutschen gerichtet werden. Abbas wünscht sich eine Vermittler­rolle der Deutschen.

Es passt ins Bild, dass der Bundespräs­ident als erster hochrangig­er Politiker Deutschlan­ds einen Kranz am Grab des 2004 verstorben­en Palästinen­serführers Jassir Arafat niederlegt. Arafat wurde 1994 mit Israels damaligem Regierungs­chef Jizchak Rabin und Außenminis­ter Schimon Peres mit dem Friedensno­belpreis ausgezeich­net. Vielen Israelis galt er dennoch als Unterstütz­er der Terrors, während Palästinen­ser ihn als Galionsfig­ur sahen.

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