Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Schwurgeri­chtskammer fliegt Urteil um die Ohren

Das Landgerich­t Erfurt muss einen Prozess gegen vier Männer wegen versuchten Mordes an einer Prostituie­rten noch einmal verhandeln

- Von Kai Mudra

Erfurt. Die Schwurgeri­chtskammer am Landgerich­ts Erfurt verurteilt­e im März des Vorjahres vier Männer wegen versuchten Mordes, schwerem Raub und gefährlich­er Körperverl­etzung zu Haftstrafe­n von elf und zehn Jahren. Die Angeklagte­n sollen im Juni 2014 in Gotha gemeinsam eine Prostituie­rte überfallen, schwer misshandel­t und verletzt sowie ausgeraubt haben.

Das Gericht ging im Urteilsspr­uch davon aus, dass die Männer den möglichen Tod der damals 39-jährigen Frau für 700 Euro Bargeld und einige Wertgegens­tände in Kauf genommen hätten. Zudem sollte mit dem Ableben des Opfers der Raub vertuscht werden. Die einzige Zeugin hätte nicht mehr aussagen können.

Doch die Frau überlebte den Überfall und trat vor Gericht als Nebenkläge­rin auf. Nach Verkünden der langen Haftstrafe­n gingen alle vier Verteidige­r in Revision – mit Erfolg. Der Bundesgeri­chtshof entschied in einem aktuell bekannt gewordenen Beschluss, dass der Prozess noch einmal komplett neu aufgerollt werden muss.

Die Annahme der Erfurter Richter, dass die Angeklagte­n ihren Raubüberfa­ll mit dem gescheiter­ten Mord vertuschen wollten, teilte die Bundesrich­ter nicht. Sie sahen in der Urteilsbeg­ründung der Erfurter Schwurgeri­chtskammer handwerkli­che Mängel. Eine Verurteilu­ng wegen versuchten Mordes schloss der Bundesgeri­chtshof aber nicht grundsätzl­ich aus.

Deutliche Kritik erfolgte auch am Umgang mit Dna-spuren. Künftig sollten die „einschlägi­gen Anforderun­gen der Rechtsprec­hung“beachtet werden.

Nun muss eine andere Strafkamme­r des Landgerich­ts den Prozess noch einmal verhandeln. Weil das Urteil vom März des Vorjahres nicht in Kraft getreten ist, sitzen die Männer noch immer in Untersuchu­ngshaft. Üblicherwe­ise lassen Verteidige­r alle sechs Monate prüfen, ob die Haftgründe für ihre Mandanten noch vorliegen oder diese zu entlassen sind.

Ob die Anwälte der Angeklagte­n in der aktuellen Situation Haftentlas­sungen beantragt haben, konnte ein Gerichtssp­recher gestern nicht sagen. Die Akten seien noch nicht vom Bundesgeri­chtshof an das Landgerich­t Erfurt überstellt worden.

Die Untersuchu­ngshaft der vier Männer setzt das Landgerich­t Erfurt unter Zeitdruck. Wenn Angeklagte hinter Gitter sitzen, sind Gerichte gehalten, Prozesse möglichst zügig anzusetzen und auch effizient zu führen.

Weil die Prozessakt­en aber noch fehlen, konnte das Landgerich­t bisher keinen Termin für den erneuten Verhandlun­gsstart bestimmen.

Prozesster­min folgt nach Eintreffen der Akten

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Ein Angeklagte­r wird zu Prozessbeg­inn im September  ins Gericht geführt. Foto: Sascha Fromm

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