Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Missbrauch übers Internet
G Schülerin zu Treffen überredet
Gera. Schon bevor die zweite Strafkammer den Saal des Landgerichtes Gera betritt, kullern beim Angeklagten die Tränen. Seine Verlobte reicht den Wachtmeistern ein Taschentuch, das sie schließlich an den in Untersuchungshaft sitzenden Mann weiterreichen. Er muss sich wegen mehrerer Sexualstraftaten verantworten.
Die Staatsanwaltschaft Gera wirft ihm vor, eine 13-Jährige per Whatsapp mit sexuellen Nachrichten belästigt zu haben. Sogar Fotos von seinem Penis soll er dem Kind geschickt haben. Aber damit nicht genug. Er habe die Schülerin zu Treffen in seiner Wohnung in Pößneck überredet. Bei einem davon sei er auch in sie eingedrungen und habe sich deshalb des schweren sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht, sagt Staatsanwalt Werner. Vor dem Haftrichter hatte der Mann die Schuld beim Mädchen gesucht. Sie habe es so gewollt, hatte er damals ausgesagt. Inzwischen hat er seine Meinung geändert. Über seinen Verteidiger Cord Hendrik Schröder lässt er erklären, dass allein er die Schuld trage. Das Mädchen, das beim ersten Kontakt via Facebook zwölf Jahre alt war, habe kein sexuelles Interesse an ihm gezeigt und sie sei aus Gefälligkeit auf seine sexuellen Gespräche eingegangen. Unter anderem habe er sie aufgefordert, ihm intime Fotos von sich zu schicken.
Nur eines streitet der Angeklagte ab: den Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs, der mit einer Mindestfreiheitsstrafe von zwei Jahren bedacht ist. So sei er in das Mädchen nicht vor ihrem 14. Geburtstag eingedrungen. Bis zu dieser Altersgrenze gilt eine Tathandlung als schwerer sexueller Missbrauch. Darüber wäre nur eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen möglich, bei dem ein Täter unter Umständen nur mit einer Geldstrafe davonkommt.
Erst nach ihrem 14. Geburtstag habe es die Treffen gegeben, sagt der Angeklagte. Bei einem davon sei es zu geschütztem Geschlechtsverkehr gekommen. Nach wenigen Minuten hätten sie aus Angst vor den Konsequenzen aufgehört, sagt der 35 Jahre alte Angeklagte. Das Mädchen vertraute sich einer Schulsozialarbeiterin an, die Kontakt zur Polizei aufnahm.
Handys und Computer sichergestellt
Die Ermittler werteten unter anderem das Handy des Mädchens aus. Sie sicherten 6777 Whats app-nachrichten zwischen dem Angeklagten und seinem Opfer. Die Ausdrucke füllen mit 600 Seiten zwei Ordner. Zudem tauschten beide Sprachnachrichten aus, die noch nicht ausgewertet sind. Das Gericht hofft über deren Inhalt zu klären, ob es tatsächlich zum schweren sexuellen Missbrauch gekommen war. Den Angeklagten konfrontierte die Kriminalpolizei im Januar mit den Ermittlungsergebnissen. Bei einer Hausdurchsuchung stellten sie vier Handys und Computertechnik sicher. Darauf entdeckten die Technikexperten auch eine Einlassung zu den Straftaten, die der Angeklagte bereits vorbereitet hatte. Er hatte auch versucht, über Facebook mit einem anderen Mädchen in Kontakt zu treten
Das Verfahren wird nächsten Donnerstag fortgesetzt. Das geschädigte Kind muss wohl den schweren Gang zum Gericht antreten, weil der Angeklagte den Hauptanklagepunkt leugnet. Bei einem Geständnis, das der Schülerin die Aussage erspart, hatte der Vorsitzende Richter Berndt Neidhardt eine mildere Strafe in Aussicht gestellt.