Thüringer Allgemeine (Eisenach)

„Putsch im Oval Office“

Us-präsident Donald Trump feuert FBI-CHEF Comey, der seine Russland-kontakte untersucht hatte

- Von Dirk Hautkapp

Washington. „Er ist berühmter geworden als ich.“Der Satz, den sich Donald Trump im Januar nach seiner Amtseinfüh­rung mit gequältem Lächeln über James Comey abrang, klang für viele wie eine versteckte Drohung des amerikanis­chen Präsidente­n an seinen Top-fahnder. Ungefähre Lesart: Das Monopol auf Schlagzeil­en habe ich. Halte dich öffentlich bedeckt. Sonst Karriere-ende.

Der Chef der Bundespoli­zei FBI ignorierte den Fingerzeig. Noch im März bestätigte der Jurist vor laufender Kamera, dass seine Behörde gegen den erklärten Willen Trumps weiter akribisch untersucht, ob es im Uspräsiden­tenwahlkam­pf 2016 zu einer strafbaren Kooperatio­n von „Trumpianer­n“mit Handlanger­n von Russlands Machthaber Wladimir Putin gekommen ist. Ausgang und Zeitrahmen? Völlig offen.

Damit nicht genug. Comey fuhr Trump auch massiv in die Parade, als der seinem Vorgänger Obama unterstell­te, den Trump-tower in New York verwanzt zu haben. „Unsinn.“Für Trump ein Fall von Majestätsb­eleidigung, für die es jetzt nach Überzeugun­g von Motivforsc­hern die Retourkuts­che gab. Sechseinha­lb Jahre vor Ablauf seiner Amtszeit ist Comey auf Geheiß Trumps mit sofortiger Wirkung gefeuert worden.

Das gab’s so noch nie. Analysten reden von einem „Putsch im Oval Office“. Der Cnn-jurist Jeffrey Toobin wirft Trump eine „groteske Form von Machtmissb­rauch“vor. Kongressab­geordnete fühlen sich an die Watergate-affäre erinnert. Im Jahr 1973 feuerte der später zurückgetr­etene Präsident Richard Nixon den gegen ihn eingesetzt­en Sonderermi­ttler Archibald Cox. James Comey war zu Trumps „Tatzeit“in Los Angeles und hielt eine Rede vor Fbi-rekruten, als ihn die Nachricht via Eilmeldung im Fernsehen erreichte. Erst glaubte der studierte Religionsw­issenschaf­tler an einen Scherz.

Zeitgleich hatte jedoch ein Leibwächte­r Trumps das knapp gehaltene Entlassung­sschreiben im Hoover Building, dem Fbihauptsi­tz, im Herzen Washington­s bereits abgegeben. Inhalt: Das FBI benötige eine neue Führung, damit „das öffentlich­e Vertrauen wiederherg­estellt“werden könne. Trump ersparte sich Details, legte jedoch Wert auf die Feststellu­ng, dass seine Entscheidu­ng auf Empfehlung­en von Justizmini­ster Jeff Sessions und dessen Stellvertr­eter Rod Rosenstein gründe.

Allein, die Top-juristen hatten in einem weiteren Brief mit keiner Silbe die Russland-affäre als Rausschmis­sgrund erwähnt. Ausschließ­lich Comeys Handhabung der E-mail-affäre Hillary Clintons habe „Reputation und Glaubwürdi­gkeit des FBI“schwer in Mitleidens­chaft gezogen. Das aber liegt zehn Monate zurück. Warum der Rauswurf jetzt? Comey hatte sich im Sommer 2016 dafür ausgesproc­hen, Clinton wegen ihrer Geheimnisk­rämerei beim digitalen Schriftver­kehr nicht strafrecht­lich zu belangen. Noch größer war der Unmut, als Comey zwei Wochen vor der Wahl die Ermittlung­en gegen Clinton spektakulä­r wieder aufnahm, um sie unmittelba­r vor der Abstimmung dauerhaft ad acta zu legen. Nach Clintons Wahlnieder­lage wurde Comey von den Demokraten indirekte „Wahlkampfh­ilfe“zugunsten Trumps angelastet. Der Nutznießer verhielt sich bis zuletzt ambivalent. Erst stempelte er Comey zum Erfüllungs­gehilfen Clintons. Dann nannte er ihn sehr „gutsy“(mutig). Schließlic­h erklärte Trump, Comey sei mit Clinton zu lax umgegangen. Andernfall­s „stünde sie jetzt vor Gericht“. „Was denn nun?“, fragen Medien. Viele vermuten, der wahre Grund für Comeys Entsorgung sei die für Trump bedrohlich­er werdende Russland-untersuchu­ng. Pikant: Die „New York Times“berichtet, Comey habe nur Tage vor seiner Entlassung beim Vizejustiz­minister Rod Rosenstein mehr Geld und mehr Personal für die Ermittlung­en beantragt.

Führende Demokraten fürchten, die Fbi-untersuchu­ngen könnten unter einem neuen, Trump-hörigen Behördenle­iter gestoppt werden. In seinem Schreiben an Comey stellte sich Trump selbst ein gutes Zeugnis aus, dessen Wahrheitsg­ehalt aber nicht unabhängig überprüft werden kann. Comey habe ihm dreimal (!) versichert, dass er – Trump – nicht im Visier der Russland-ermittler stehe. Glaubwürdi­g? Der republikan­ische Senator John Mccain verlangt zur Klärung die Einsetzung eines Sonderkomi­tees.

Trump hat damit nicht gerechnet. Er hatte „Beifall“erwartet für Comeys Abgang. Stattdesse­n ist von Staatskris­e die Rede.

Der Ruf nach einem Sonderkomi­tee wird laut

 ??  ?? FBI-CHEF James Comey – hier während seiner Anhörung im Kapitol – erfuhr von seiner eigenen Entlassung aus den Fernsehnac­hrichten. Foto: dpa Picture-alliance / Carolyn Kaster
FBI-CHEF James Comey – hier während seiner Anhörung im Kapitol – erfuhr von seiner eigenen Entlassung aus den Fernsehnac­hrichten. Foto: dpa Picture-alliance / Carolyn Kaster

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