Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Das Schriftzeichen als Kunstwerk
Michael Helbing betrat den Weg des Schreibens in Niedergrunstedt
Schreiben ist ein Handwerk. Obwohl es sich heutzutage eher um ein Werk der Finger handelt, die in die Tasten hauen – was in der Regel das Gegenteil eines Herantastens meint.
Dass es auch eine Kunst sein kann zu schreiben, verstehen wir zumeist inhaltlich. Die Kunst zeigt sich dann in dem, was zu Papier gebracht wird, sie ereignet sich im Zusammenspiel der Zeichen, die kunstvolle Gedanken widerspiegeln.
Dort, wo das Zeichen selbst zum Kunstwerk wird, ist die Kalligrafie zu Hause: schönes Schreiben. Es ist einerseits so ziemlich aus der Mode gekommen und also unbehaust. Dass Schulen inzwischen die Schriftsprache mittels Druckbuchstaben lehren, darf mit Recht als hirn- und geistlos gelten, da es dem Schreibvorgang seine Bedeutung nimmt. Es geht nur darum, was rauskommt. „Wichtiger als das Ergebnis ist der Weg dort hin“, meint hingegen die Weimarer Grafikdesignerin Larissa Fritsche. Sie widmet sich dem „Weg des Schreibens“, was, auf Japanisch „Shodō“. Auf diesen Weg machten sie auch Gabriele Beck, Katrin Laurenz und Petra Strolka. Sie lernten bei der japanischen Meisterin Fusayo Takeuchi die fernöstliche Kalligrafie. Diese Kunst zeigt sich in dem, wie etwas, mit Pinsel und Tusche, zu Papier gebracht wird. Eine Regel besagt, dass Korrekturen dabei nicht erlaubt sind. Das Zeichen gelingt – oder gelingt nicht.
Das ist ein meditativer Vorgang. Er verlangt Ruhe, Konzentration und Geduld. Meditativ wirkt es auch, diese Schriftbilder zu betrachten, sich zu versenken in Regelschrift (Kaisho), Kursivschrift (Gyōsho) und Grasschrift (Sōsho). Die Erfahrung lässt sich im Hofatelier von Weimar-niedergrunstedt machen, wo die Shodō-gruppe derzeit ausstellt.
Und ich bin froh, dass ich meine vor Ort erstellten Notizen entziffern konnte. Ich übe mich in der Kunst der Sauklaue.
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„Shodo – gemalte Wörter“, bis . Mai immer samstags und sonntags ( – Uhr) im Hofatelier Niedergrunstedt