Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Es war uncool, Diät-girl zu sein“
„Tatort“-star Nora Tschirner über ihre Kino-doku „Embrace“, den Schönheitsdruck, Mädchenträume und Model-shows
Berlin. Sie sprudelt, sie scherzt, sie schießt Antworten heraus, ohne auch nur einen messbaren Moment zu zögern – das alles an einem verregneten Montagmorgen in einem hippen Hotel auf Berlins Partymeile, die gerade vom Wochenende verschnauft. „Der Morgen ist meine Zeit“, sagt Nora Tschirner (35), „erlebt mich besser nicht ab 17 Uhr.“Die gebürtige Ostberlinerin, „Tatort“-kommissarin in Weimar, wirbt für ihre Film-doku, „mit privatem Geld“produziert, wie sie betont. In „Embrace“setzt sich die Australierin Taryn Brumfitt mit dem Schönheitsdruck auseinander, der auf Frauen lastet, und dem sogenannten Body-shaming, also dem Diffamieren anderer wegen ihres Äußeren. Die Botschaft der Filmemacherinnen: „Liebe deinen Körper, wie er ist, er ist der einzige, den du hast!“Der Film läuft nur am heutigen Donnerstag im Kino.
„Ich hatte früher keine gesunde Einstellung.“
In „Embrace“wird eine Frau mit Verbrennungen gezeigt, dann eine mit Bart. Und Sie machen auch selbst mit. Was, kann man sich fragen, haben Sie dann da zu suchen – Sie entsprechen doch dem allgemeinen Schönheitsideal.
Erst habe ich auch hin und her überlegt. Aber dann habe ich zugesagt, weil ich eine ganz wichtige Funktion habe. Ich lebe den Traum vieler Mädchen. Das, was viele wollen, ist die Hauptrolle in einer Romantikkomödie zu spielen. Dann aber zu sehen, dass man das auch entspannt machen kann, ist eine wichtige Botschaft für die jüngere Generation. Wird der Film in den Schulen gezeigt, identifizieren sich unzählige Mädchen mit mir: Roter Teppich, Wahl zur Most Popular Actress – und denken: „Jetzt wird es interessant!“Und dann sehen sie, dass ich das alles gar nicht so spannend finde und dass das nicht wichtig für mich ist. Das ist das Entscheidende.
Glauben Sie denn eigentlich, wenn Sie 20 Kilo mehr wiegen würden, wären Sie trotzdem noch als Schauspielerin erfolgreich?
Ich hatte mal 20 Kilo mehr auf den Rippen. Da wollte man mir in ein Drehbuch schreiben, dass ich in den Szenen immer mal wieder Schokolade esse. Das habe ich abgelehnt. Dann hat das im Film auch nicht stattgefunden, war nie wieder das Thema und wir waren alle dufte Freunde am Set.
Das klingt sehr taff. Haben Sie sich nie unter Druck setzen lassen?
In meiner Clique war es immer uncool, ein „Diät-girl“zu sein. Ich hatte einfach Glück, sonst wäre ich vielleicht in diese Schiene abgerutscht. Trotzdem ist es passiert, dass jemand bei einem Shooting sagte, „Wow, das ist die Mustergröße und das mussten wir abstecken“, und ich mich darüber freute. Da denke ich Jahre später anders drüber. Eine gesunde Ernährung und Einstellung zu meinem Körper hatte ich damals jedenfalls nicht.
Denken Sie, Sendungen wie „Germany’s Next Topmodel“sind eine Gefahr?