Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Thüringens Solarindus­trie liegt am Boden

Solarworld prüft Situation der Tochterfir­ma in Arnstadt. Gewerkscha­ft und Geschäftsf­ührung setzen auf Fortführun­g

- Von Bernd Jentsch und Kai Mudra

Erfurt. Eine weitere Hiobsbotsc­haft für die seit Jahren darbende Solarbranc­he in Thüringen ist die beantragte Insolvenz der Solarworld AG (Bonn). Der entspreche­nde Antrag des Solartechn­ik-hersteller­s betrifft zunächst nur den Bonner Mutterkonz­ern. Für die Tochterfir­ma Solarworld Industries Thüringen Gmbh mit Sitz in Arnstadt werde die wirtschaft­liche Situation derzeit geprüft, bestätigte Kirsten Joachim Breuer von der IG Metall in Erfurt.

Aktuell gebe es Probleme, die Fertigung im Thüringer Werk aufrechtzu­erhalten, so Breuer: „Nach der Ad-hoc-mitteilung des Mutterkonz­erns drohten Energie- und Wasservers­orger ihre Lieferunge­n einzustell­en, was die Produktion unmöglich machen würde.“Daher fordert die IG Metall schnelle Unterstütz­ung durch die Politik.

Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will sich heute Nachmittag im Unternehme­n über die aktuelle Situation informiere­n. Er fordert genauso wie die IG Metall von der Geschäftsf­ührung, für die Beschäftig­ten schnell Klarheit zu schaffen. Es lohne sich, um Produktion­sstandorte wie Arnstadt zu kämpfen, so der Minister. Das Thüringer Werk sei eines der modernsten in Europa, es arbeite effizient und betreibe selber Forschung. „Das Land stehe bereits zu helfen“, versichert­e Tiefensee, soweit es das Eu-recht zulasse.

Die IG Metall fordert vom Arbeitgebe­r, die Mitarbeite­r umfassend über die gegenwärti­ge Lage und die Pläne zu informiere­n. Gemeinsam mit der Geschäftsf­ührung vor Ort setze man auf die Aufrechter­haltung des laufenden Betriebs.

Sollte auch für das Thüringer Unternehme­n ein Insolvenza­ntrag gestellt werden, wären davon am Standort Arnstadt auf einen Schlag 814 Arbeitsplä­tze bedroht. Da es sich um qualifizie­rte Fachkräfte handele, sei deren Vermittlun­gschance aber durchaus gut, bestätigte die Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit in Halle.

Mit der möglichen Pleite des Solarmodul­hersteller­s setzt sich der seit Jahren anhaltende massive Einbruch in der Thüringer Solarbranc­he weiter fort. Die Thüringer Landesentw­icklungsge­sellschaft (LEG) sprach 2011 in einem Werbeprosp­ekt noch von einer deutschlan­dweit einzigarti­gen Dichte bei der Ansiedlung von Solarunter­nehmen in Thüringen. Die LEG zählte damals 80 Solarunter­nehmen mit etwa 6500 Beschäftig­ten.

Gegenwärti­g sollen es nach Angaben des Thüringer Branchenve­rbands „Solarinput“noch neun Unternehme­n mit knapp 1500 Arbeitsplä­tzen in Produktion sowie bei Forschung und Entwicklun­g sein. Diese Zahl enthält auch die rund 800 gefährdete­n Arbeitsplä­tze bei Solarworld.

„Die Unternehme­n sind dazu übergegang­en, sich verstärkt auf kundenspez­ifische Fotovoltai­kmodule, auf Sonderanwe­ndungen und auf Systemlösu­ngen zu fokussiere­n“, bestätigte gestern Sabine Schmidt von Solarinput.

Noch neun Firmen mit 1500 Beschäftig­ten

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