Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Insolvenz hat die Belegschaft kalt erwischt
Gewerkschaft erwartet Fortführungskonzept. Noch gibt es Hoffnungen für den Erhalt des Arnstädter Standorts
Arnstadt. Ahnungslos waren die Mitarbeiter von Solarworld am Mittwoch in den Feierabend gegangen, um dann in den Nachrichten zu erfahren, dass ihr Unternehmen insolvent ist.
Entsprechend fassungslos fielen die Reaktionen in den sozialen Netzwerken aus, als sich die Nachricht verbreitete. Ob auch der Standort Arnstadt, wo 814 Menschen in Lohn und Brot stehen, von der Insolvenz betroffen sein wird, steht noch nicht fest. Sorgen machen sich die Betroffenen aber natürlich. Denn sie mussten schon einmal um ihre Arbeitsplätze fürchten, als Bosch im Jahr 2013 verkündete, sich von der Solarbranche zu trennen. Das löste viele Proteste aus – und mündete letztlich in einer Übernahme eines Teils der Belegschaft durch Solarworld.
Seither lief es eigentlich gut in dem Werk in der Wolff-knippenberg-straße. Die Produktion wurde hochgefahren, die Geschäftsführung engagierte sich in vielen regionalen Projekten, unterstützte das Vorhaben, die Wirtschaft am Erfurter Kreuz enger mit der Wissenschaft an der Technischen Universität Ilmenau zu verknüpfen. Es gab Projekte, Flüchtlinge in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, Vereine wurden gefördert.
Steht all das nun auf der Kippe? Seriös beantworten lässt sich dies derzeit noch nicht. Auch im Stadtrat spielte die Ankündigung der Insolvenz am Donnerstagabend eine Rolle. Die Spd-fraktion beantragte eine aktuelle Stunde, möchte von Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wissen, wie es weiter geht. Er wird bereits heute im Werk in Arnstadt erwartet. Bürgermeister Alexander Dill (pl) ist ebenso an Gesprächen interessiert. Mit der hiesigen Geschäftsleitung gebe es einen regen Austausch. Erst drei Wochen liege das letzte Treffen zurück – und damals gab es keine Hinweise darauf, dass Solarworld auf die Insolvenz zusteuert.
„Dass die Lage der Solarbranche nicht einfach ist, war uns bekannt. Trotzdem kam die Ankündigung des Insolvenzantrags am Mittwochabend völlig unerwartet“, sagt auch Landrätin Petra Enders (Linke). „Ich halte es für dringend erforderlich, dass die Konzernleitung, der Betriebsrat, das Land Thüringen sowie der Landkreis und die Kommunen schnellstmöglich zusammenkommen, um nach Perpektiven und Lösungen zu suchen.“Sterbe Solarworld, bedeute dies auch das Aus für die Solarbranche in Deutschland. Dabei sei diese eine Schlüsseltechnologie, so Enders.
Auch für die Industriegewerkschaft Metall kam die Ankündigung der Insolvenz überraschend, sagte gestern der 1. Geschäftsführer Bernd Spitzbarth. Man trage gerade weitere Informationen zusammen und betonte ausdrücklich, dass bei Solarworld eine innovative Mannschaft gute Produkte herstellt. Das Problem seien die Preise am Markt. Viele wirtschaftspolitische Entscheidungen hätten nicht gerade zur Förderung der Solarindustrie beigetragen, sieht er Gründe für die Entwicklung auch in der Bundespolitik.
Man sei bereits im Kontakt mit dem Betriebsrat für Koordinierungsgespräche und schaue jetzt, was bis Montag passiert, wenn die Firma Insolvenz anmelden wird. Die IG Metall erwartet ein Fortführungskonzept. „Das Konzept zur Neuausrichtung der Produktion hat einen guten Grundstein gelegt. Wir werden und müssen Wege finden, um die Produktion aufrecht zu erhalten“, so Spitzbarth. Man rede nicht von einer Schließung, Hauptziel sei die Vermeidung von Entlassungen.