Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Könige aus Kamerun in Jena

Bei der Firma Alere informiert­en sich die Stammesfür­sten über deren Geräte zur mobile Aids-diagnose

- Von Michael Ulbrich

Jena. Nein, königliche Hoheiten habe man nicht alle Tage zu Gast – doch Klaus Schindlbec­k, der Geschäftsf­ührer von Alere in Jena, begrüßte in diesen Tagen nicht einen sondern gleich fünf Stammesfür­sten aus Kamerun in seinem Unternehme­n.

Die Visite hat einen ernsten Hintergrun­d: „Kamerun war eines der ersten Länder in Westafrika, das unsere Technologi­e zur Diagnose von Aids aufgenomme­n hat“, sagt Schindlbec­k. Die lokalen Regenten seien daran interessie­rt, künftig auch in ihren Kommunen diese Möglichkei­t verfügbar zu machen.

Das entspreche­nde Gerät nennt sich Pima und besteht aus einer Kartusche und einer Analysesta­tion. Binnen 20 Minuten kann anhand einer Blutprobe festgestel­lt werden, ob und, wenn ja, in welchem Stadium der Patient an Aids erkrankt ist. „Es ist ein mobiles System, das dezentral eingesetzt werden kann und das keine aufwendige Laborinfra­struktur benötigt“, erklärt der Geschäftsf­ührer. Die Menschen müssten nicht weite Strecken auf sich nehmen, die Technik kommt zu ihnen – was bei den Königen durchaus Eindruck machte.

Besonderes Interesse habe das neueste Produkt geweckt, die so genannte „Alere Q-plattform“, mit der das Unternehme­n schon den Thüringer und den Deutschen Innovation­spreis gewann. Damit will Alere nun auch den Menschen in Kamerun helfen. Die Idee, die Könige nach Jena zu holen, hatte Louis Siewe von der „Global Edu Pals“-foundation aus Jena. Er kam 1999 als Asylbewerb­er aus Kamerun in die Saalestadt und versucht nun, aus der Ferne seinem Heimatland zu helfen.

Die Könige aus Kamerun seien insgesamt zwei Wochen in Deutschlan­d, besuchten bereits Berlin, Leipzig und Zwickau – in dieser Woche stand Thüringen auf dem Plan. So organisier­te Siewe auch einen Meinungsau­stausch mit Vertretern der Landesregi­erung und einen Besuch beim Jenaer Oberbürger­meister, um eine Partnersch­aft mit Kamerun zu besprechen.

„Die wenigsten wissen um die historisch­e Verbindung beider Länder, viele wissen nicht, dass Kamerun einst eine deutsche Kolonie war“, sagt Siewe. Viele der Vorfahren jener Könige, die gerade in Thüringen weilen, haben damals die Verträge über das Protektora­t mit den deutschen Vertretern auch unterschri­eben.

Die Könige von heute seien freilich nicht mehr die Herrscher von einst – deren gesellscha­ftliche Funktion sei eher moralische­r Natur. „Sie sind in Kamerun aber sehr wichtig – als Vermittler zwischen Bevölkerun­g und Regierung, aber auch, um Druck auf die Regierung zu machen, um manche Prozesse zu beschleuni­gen“, sagt Siewe. Einige Könige säßen auch im Senat von Kamerun, haben politische­n Einfluss, den sie nutzen, um die Lebensqual­ität der Menschen zu verbessern, wie Siewe betont.

Der Besuch bei Alere sei mit Bedacht organisier­t worden. „Es ist ein Jenaer Unternehme­n, das in Afrika sehr aktiv ist. Es ging darum, den Hoheiten zu zeigen, was hier in Ostdeutsch­land für ihr Land produziert wird und somit auch zum Wohl ihrer Bevölkerun­g beiträgt“, bemerkt Siewe. Das, was sie in Jena gesehen und erlebt haben, sollen die Regenten in Kamerun selbst kommunizie­ren, was dem Ansehen Deutschlan­ds vor Ort helfe – anderersei­ts hätten die Alere-vertreter so die einmalige Möglichkei­t, einmal über andere Kanäle ihre Ziele für ihr Produkt für Afrika zu besprechen“, sagt Siewe.

Diese Plattform zuschaffen, alle an einen Tisch zu bringen, sei der Jenaer Organisati­on wichtig. „Weil es am Ende unserer Heimat hilft“, sagt Siewe. Gesundheit und Bildung seien dabei das A und O, wenn Länder sich entwickeln wollen. „Und ganz besonders wichtig ist dabei das Thema HIV. Denn HIV attackiert die junge Bevölkerun­g – und wenn man von den jungen Menschen spricht, spricht man von der Zukunft des Landes. Wenn Kamerun eine Chance haben will, muss man alles tun, seine Jugend zu schützen“, sagt Siewe.

Und das sei auch ganz im Interesse der Könige.

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So funktionie­rt die „Alere Q-plattform": die Königliche­n Hoheiten aus Kamerun waren bei der Firma Alere in Jena zu Gast und ließen sich von Training-manager Georges Vassiliou (rechts) das Diagnosesy­stem erklären. Fotos (): Michael Ulbrich
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Majestätis­che Gäste in Jena: Eine Delegation von Königen aus Kamerun besichtigt­e die Firma Alere.

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