Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Könige aus Kamerun in Jena
Bei der Firma Alere informierten sich die Stammesfürsten über deren Geräte zur mobile Aids-diagnose
Jena. Nein, königliche Hoheiten habe man nicht alle Tage zu Gast – doch Klaus Schindlbeck, der Geschäftsführer von Alere in Jena, begrüßte in diesen Tagen nicht einen sondern gleich fünf Stammesfürsten aus Kamerun in seinem Unternehmen.
Die Visite hat einen ernsten Hintergrund: „Kamerun war eines der ersten Länder in Westafrika, das unsere Technologie zur Diagnose von Aids aufgenommen hat“, sagt Schindlbeck. Die lokalen Regenten seien daran interessiert, künftig auch in ihren Kommunen diese Möglichkeit verfügbar zu machen.
Das entsprechende Gerät nennt sich Pima und besteht aus einer Kartusche und einer Analysestation. Binnen 20 Minuten kann anhand einer Blutprobe festgestellt werden, ob und, wenn ja, in welchem Stadium der Patient an Aids erkrankt ist. „Es ist ein mobiles System, das dezentral eingesetzt werden kann und das keine aufwendige Laborinfrastruktur benötigt“, erklärt der Geschäftsführer. Die Menschen müssten nicht weite Strecken auf sich nehmen, die Technik kommt zu ihnen – was bei den Königen durchaus Eindruck machte.
Besonderes Interesse habe das neueste Produkt geweckt, die so genannte „Alere Q-plattform“, mit der das Unternehmen schon den Thüringer und den Deutschen Innovationspreis gewann. Damit will Alere nun auch den Menschen in Kamerun helfen. Die Idee, die Könige nach Jena zu holen, hatte Louis Siewe von der „Global Edu Pals“-foundation aus Jena. Er kam 1999 als Asylbewerber aus Kamerun in die Saalestadt und versucht nun, aus der Ferne seinem Heimatland zu helfen.
Die Könige aus Kamerun seien insgesamt zwei Wochen in Deutschland, besuchten bereits Berlin, Leipzig und Zwickau – in dieser Woche stand Thüringen auf dem Plan. So organisierte Siewe auch einen Meinungsaustausch mit Vertretern der Landesregierung und einen Besuch beim Jenaer Oberbürgermeister, um eine Partnerschaft mit Kamerun zu besprechen.
„Die wenigsten wissen um die historische Verbindung beider Länder, viele wissen nicht, dass Kamerun einst eine deutsche Kolonie war“, sagt Siewe. Viele der Vorfahren jener Könige, die gerade in Thüringen weilen, haben damals die Verträge über das Protektorat mit den deutschen Vertretern auch unterschrieben.
Die Könige von heute seien freilich nicht mehr die Herrscher von einst – deren gesellschaftliche Funktion sei eher moralischer Natur. „Sie sind in Kamerun aber sehr wichtig – als Vermittler zwischen Bevölkerung und Regierung, aber auch, um Druck auf die Regierung zu machen, um manche Prozesse zu beschleunigen“, sagt Siewe. Einige Könige säßen auch im Senat von Kamerun, haben politischen Einfluss, den sie nutzen, um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, wie Siewe betont.
Der Besuch bei Alere sei mit Bedacht organisiert worden. „Es ist ein Jenaer Unternehmen, das in Afrika sehr aktiv ist. Es ging darum, den Hoheiten zu zeigen, was hier in Ostdeutschland für ihr Land produziert wird und somit auch zum Wohl ihrer Bevölkerung beiträgt“, bemerkt Siewe. Das, was sie in Jena gesehen und erlebt haben, sollen die Regenten in Kamerun selbst kommunizieren, was dem Ansehen Deutschlands vor Ort helfe – andererseits hätten die Alere-vertreter so die einmalige Möglichkeit, einmal über andere Kanäle ihre Ziele für ihr Produkt für Afrika zu besprechen“, sagt Siewe.
Diese Plattform zuschaffen, alle an einen Tisch zu bringen, sei der Jenaer Organisation wichtig. „Weil es am Ende unserer Heimat hilft“, sagt Siewe. Gesundheit und Bildung seien dabei das A und O, wenn Länder sich entwickeln wollen. „Und ganz besonders wichtig ist dabei das Thema HIV. Denn HIV attackiert die junge Bevölkerung – und wenn man von den jungen Menschen spricht, spricht man von der Zukunft des Landes. Wenn Kamerun eine Chance haben will, muss man alles tun, seine Jugend zu schützen“, sagt Siewe.
Und das sei auch ganz im Interesse der Könige.