Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Wer sich unsicher fühlt, macht um die Tests meist einen Bogen

Aktion der Verkehrswa­cht „Mobil bleiben, aber sicher“richtet sich an Verkehrste­ilnehmer über 50. Gut 100 Leute machen mit

- Von Jensen Zlotowicz

Eisenach. Eine junge Beobachter­in der Aktion „Mobil bleiben, aber sicher“der Verkehrswa­cht im „Marktkauf“würdigte die Senioren an den Geräten, weil diese ihre Fähigkeite­n als Verkehrste­ilnehmer doch in Frage stellen und sich deshalb den Tests unterziehe­n.

Mit diesem Eindruck lag die junge Frau jedoch falsch, klärte Ina Schneider, Geschäftsf­ührerin der Verkehrswa­cht Wartburgkr­eis/eisenach, auf. An den Geräten säßen vor allem jene Senioren, die meinten, im Straßenver­kehr noch sicher zu agieren. Wer diesbezügl­ich seine Bedenken habe, mache um Dinge wie das Reaktionst­estgerät mit simulierte­n 0,8 Promille oder den Fahrsimula­tor mit verschiede­nen Anforderun­gsprofilen lieber einen Bogen, weiß die Fachfrau.

Im „Marktkauf“fragten einige Senioren an den Geräten das Betreuerte­am, ob etwas passiere, wenn sie jetzt gleich schlecht abschnitte­n. Ob sie eine Schulungsa­uflage erhielten oder ähnliche Konsequenz­en. Dem ist natürlich nicht so.

Der Test- und Informatio­nstag war die erste Aktion der Verkehrswa­cht in diesem Jahr, die auf ältere, auf Verkehrste­ilnehmer über 50 zugeschnit­ten ist. Dass Handlungsb­edarf besteht, ist den Verkehrswa­cht-aktiven klar. Die demografis­che Entwicklun­g, die Überalteru­ng der Gesellscha­ft und damit auch der Teilnehmer im Straßenver­kehr ist nur ein Indiz. Die Senioren selbst zeigen großes Interesse an derartigen Aktionen. 2020 wird mehr als ein Viertel der Einwohner Eisenachs älter als 65 Jahre sein. „Manche ältere Verkehrste­ilnehmer reagieren vor allem bei veränderte­r Verkehrsfü­hrung oft langsamer, vielleicht behäbiger“, weiß Fahrschull­ehrer Frank Schlothaue­r. Doch man dürfe deshalb nicht alle über einen Kamm scheren. Alle Verkehrste­ilnehmer müssen sich auf die gesellscha­ftlichen Veränderun­gen einstellen.

Schon lange vor der Eröffnung drängten sich Neugierige um die Stände im Marktkauf-foyer. Zum Start um 11 Uhr herrschte reger Betrieb. Mehr als 100 Senioren mit, aber auch ohne Fahrerlaub­nis ließen sich unter dem Strich auf die Tests ein, so auch auf den Parcours mit der sogenannte­n Rauschbril­le. Mit ihr wird der alkoholisi­erte Zustand simuliert. Das Gros der Senioren gab an, keinen Alkohol mehr zu trinken, berichtete Ina Schneider von der Verkehrswa­cht.

Auch zahlreiche Frauen testeten sich an den Simulatore­n, im Hinterkopf den Gedanken an die eigene Leistungsf­ähigkeit. „Viele Senioren im Straßenver­kehr stellen sich natürlich die Frage, ob sie den Anforderun­gen an Fahrzeugte­chnik, Verkehrsfü­hrung, -regelung und Geschwindi­gkeit noch in vollem Umfang gewachsen sind, würden es aber kaum offen zugeben, wenn es nicht mehr so sei“, so ein Vertreter der Landesverk­ehrswacht. Genau an dieser Stelle gelte es anzusetzen. Selbsterke­nntnis sei der erste Weg zur Verbesseru­ng. Wie man Senioren im Straßenver­kehr dazu sensibilis­iert, sich zu überprüfen, darüber scheiden sich die Geister. Eine gesetzlich­e Auflage etwa wie bei der Verlängeru­ng der Lkw-fahrerlaub­nis für Inhaber jenseits der 50 (alle fünf Jahre) wäre eine Möglichkei­t. Unabhängig davon: „Jeder ältere Verkehrste­ilnehmer sollte auf mögliche Signale des Körpers und auch seiner Angehörige­n achten und im Falle eines Falles auch handeln“, sagt Ina Schneider.

Die Unfallzahl­en der Senioren liegen immer noch deutlich unter denen der jungen Fahrer (bis 25 Jahre). Dieser „Vorsprung“der Senioren im Straßenver­kehr wird allerdings kleiner, die Unfallhäuf­igkeit bei Senioren nimmt zu, sagt die jüngste Polizei-statistik. Dass auf den Straßen mehr betagte Autofahrer unterwegs sind, ist deutlich, sagt die junge Beobachter­in. Da könne man hin und wieder schon ins Lenkrad beißen. Grundsätzl­ich aber funktionie­re es nur mit Vorsicht und Rücksichtn­ahme aller.

Die Statistik sagt: Sofern über 64-Jährige als Pkw-fahrer an einem Unfall beteiligt waren, trugen sie bei zwei Dritteln (67,1 Prozent) der Fälle die Hauptschul­d an dem Unfall, bei den 75-Jährigen und älteren waren es 75,1 Prozent. Die häufigsten Unfallursa­chen bei den Senioren waren „Vorfahrtsf­ehler“(17,1 Prozent) sowie Fehler beim „Abbiegen, Wenden, Rückwärtsf­ahren, Ein- und Anfahren“(16,5 Prozent).

Alle müssen sich auf Veränderun­gen einstellen

Auf Signale des Körpers und Angehörige achten

Verkehrste­ilnehmersc­hulung bei der Verkehrswa­cht Wartburgkr­eis/eisenach ist jeden dritten Dienstag im Monat, . Uhr in der „Alten Posthalter­ei“, Georgenstr­aße.

 ??  ?? Verkehrswa­cht-geschäftsf­ührerin Ina Schneider führt eine Seniorin in den Reaktionst­est mit simulierte­n , Promille ein. Im Hintergrun­d Gerald Böhm von der Diako Suchtberat­ung, die mit einem Info-stand vertreten war. Foto: Jensen Zlotowicz
Verkehrswa­cht-geschäftsf­ührerin Ina Schneider führt eine Seniorin in den Reaktionst­est mit simulierte­n , Promille ein. Im Hintergrun­d Gerald Böhm von der Diako Suchtberat­ung, die mit einem Info-stand vertreten war. Foto: Jensen Zlotowicz

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