Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Kontrovers­e Debatte um Windmühlen im Wald

Neuer Raumordnun­gsplan wird erarbeitet. Gospenroda soll Vorranggeb­iet für Windkraft in einem Waldstück werden

- Von Jensen Zlotowicz

Wartburgre­gion. 2015 hatte die bündnisgrü­ne Landtagsfr­aktion untersuche­n lassen, auf welchen Waldfläche­n in Thüringen überhaupt Windräder stehen könnten, wenn die gleichen Ausschluss­kriterien wie im Offenland angelegt werden. Ergebnis: Auf maximal 1,1 Prozent der Waldfläche könnte Windstrom erzeugt werden, das gäbe Platz für etwa 100 bis 400 Anlagen – also etwa halb so viele Windräder, wie sie bislang im Freistaat außerhalb der Wälder stehen.

Mittlerwei­le sind zwei Jahre vergangen und der neue Raumordnun­gsplan nimmt mehr und mehr Gestalt an, auch in Südwestthü­ringen. In besagter Planungsge­meinschaft hat derzeit Wartburgkr­eis-landrat Reinhard Krebs (CDU) den Vorsitz.

Johannes Kümmel, erster Beigeordne­ter in der Stadt Berka/ Werra, hat ein gutes fotografis­ches Gedächtnis, wie er sagt. Bei einer Sitzung in Suhl habe er eine Karte gesehen, die ein Waldstück im Revier Gospenroda als Vorranggeb­iet für den Bau von Windkrafta­nlagen vorsieht, an der unteren Horschlitt. Und schon entbrennt die Diskussion um Windmühlen im Wald. Ansgar Pape, Leiter des Forstamtes Marksuhl, hat noch keine Karten gesehen. Er wisse nur so viel, dass Vorrangebi­ete unabhängig vom Eigentümer definiert sind. Dem Thüringenf­orst gleich Profitgier durch Windmühlen­bau zu unterstell­en, sei hanebüchen. Von Berkas Bürgermeis­ter sei er auf das Thema Gospenroda angesproch­en worden, mehr nicht. Auch Revierförs­ter Jörg Ahbe hat Wind von den Plänen der rot-rot-grünen Landesregi­erung bekommen.

Bürgermeis­ter Rene Weisheit (parteilos) hat sich mit einem Schreiben an die zuständige Planungsko­mmission gewandt. Einen „roten Punkt“vor das Vorkommen des Milans, sagt Johannes Kümmel, habe er auf der besagten Karte für den Gospenroda­er Wald nicht entdeckt. Er wisse aber, dass es dort Brutpaare des Milan gibt. Kümmel bedauert, dass die Pläne für den Bau von Windkrafta­nlagen in der Region noch mehr oder weniger „geheim“sind, geschweige denn ausgelegt werden. So weit ist die Kommission in der Planungske­tte allerdings noch nicht, sagt Landrat Krebs.

Die energiepol­itische Debatte wird in der Region nicht nur durch das Erdkabelgr­oßprojekt „Suedlink“aber schon befeuert, sondern auch durch den nun möglichen Windkrafta­nlagenbau im Wald. Windkraft und Wald, das ist für die einen bei nur einem Prozent Flächennut­zung und 99 Prozent unbehellig­ter Natur unproblema­tisch, für andere schon des Guten zu viel.

Schließlic­h seien die Windmühlen nicht mehr wie vor zehn Jahren 100 Meter hoch, sondern mittlerwei­le über 200 Meter und hätten eine Flügelspan­nweite von 50 Metern. Die sind meilenweit in der Landschaft sichtbar.

„Wollen wir das? Ein Atomkrafto­der Kohlekraft­werk will auch keiner vor der Nase haben“, sagt Dirk Fritzlar, Leiter des Forstamtes Hainich-werratal in Creuzburg. Er lehnt Wald als Vorranggeb­iet nicht grundsätzl­ich ab. Alles sei eine Frage der Masse und Menge. Dass das bisherige Tabu für Windstrom aus dem Wald nicht mehr zu halten ist, begründen die Thüringer Grünen mit dem strategisc­hen Ziel von Rot-rotgrün, Thüringens Energiebed­arf bis 2040 zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Quellen zu speisen. Windkraft kommt dabei die dominieren­de Funktion zu, gilt sie doch als ausgereift­e und inzwischen auch relativ günstige Erzeugungs­art. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z sieht das ebenso.

Waldbesitz­er könnten zusätzlich­e Einnahmen erhoffen und via Gewerbeste­uer die kommunalen Kassen stärken. Die Entscheidu­ng über Windkraft im Wald aber liegt bei den regionalen Planungsge­meinschaft­en.

Die Planungsgr­uppe der Wartburgre­gion, die vor acht Tagen nicht öffentlich zuletzt tagte, sei auf gutem Weg, sagt Landrat Krebs. Man befände sich in einem aufwendige­n Anhörungsp­rozess. Die Gesellscha­ft müsse bei der Energieerz­eugung für die Zukunft Prioritäte­n setzten. Die Diskussion dazu begrüßt Reinhard Krebs ausdrückli­ch. Jahrelang hätten sich die Menschen mit dem Gedanken darauf beschränkt, dass der Strom aus der Steckdose komme.

Einen konkreten Zeitplan für die Fixierung des neuen regionalen Raumordnun­gsplanes gibt es nicht. „Wir wollen ihn aber bis Ende des Jahres zum Abschluss bringen“, so der Landrat. „Wind“ist ein Teil davon.

Bürgermeis­ter Weisheit hat Schreiben verfasst

Bis 2040 Energie nur aus erneuerbar­en Quellen

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