Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Flüchtlinge und Deutsche werden grundsätzlich gleich behandelt“
Jobcenter Wartburgkreis und Eisenach sowie Agentur für Arbeit blicken auf Ist-stand und Engagement bei der Integration
Wartburgregion. Reiche Flüchtlinge und arme Deutsche, wie mancher polemisch kolportiert, gibt es für Susanne Zenkert, die Geschäftsführerin des Jobcenters Wartburgkreis nicht. Nicht in ihrem System. Alle würden gleich behandelt.
Mit dem Asylbewerberleistungsrecht, das natürlich von dem einen oder anderen ausgenutzt werde, hat das Jobcenter nichts zu tun. Wer dort Kunde ist, hat diese Ebene der Vollzeitbetreuung verlassen und muss schon auf eigenen Beinen stehen, was schwer genug ist, wie Susanne Zenkert weiß.
Der Pauschalkritik an Flüchtlingen, die in Deutschland nur abkassieren würden, entgegnet die Geschäftsführerin. Es sei an allem irgendetwas dran. Flüchtlinge, die mehr bekommen als ihnen zusteht, gebe es. „Aber Nutznießer gibt es in jedem System, auch im deutschen Steuersystem oder bei der Wirtschaftsförderung.“
Vertreter der Agentur für Arbeit Südthüringen und die beiden Jobcenter Eisenach und Wartburgkreis informierten gestern über den Stand des gemeinsames Umzuges der drei Institutionen in ehemalige Kasernengebäude an der Thälmannstraße (wir berichteten) über die Heranführung von Flüchtlingen an den Arbeitsmarkt und über den regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Die Arbeitslosenquote in der Region ist mittlerweile so niedrig, die Frauenbeschäftigung so hoch, dass man ein Niveau wie die Städte Wolfsburg oder Ingolstadt aufweise – die Stadt Eisenach ausgenommen. Aber das liegt an speziellen Faktoren.
Mit einer Arbeitslosenquote von 3,2 Prozent im Bereich Sozialgesetzbuch II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) kann der Wartburgkreis längst mit Franken konkurrieren, sagt Zenkert. Im Jobcenter Eisenach liegen die Zahlen deshalb darüber, weil in der Stadt mehr Menschen leben, die einen etwas anderen Bezug zu Arbeit haben.
Das Jobcenter Wartburgkreis verzeichne eine starke Wanderschaft von Kunden, einen Drang in die Thüringer Städtekette, wozu auch Eisenach zählt. Das trifft vor allem für Flüchtlinge zu. Etwa 550 Erwachsene und gut 200 Kinder sind im Jobcenter Eisenach derzeit registriert.
Über 200 der Erwachsenen sind jünger als 25 Jahre, informiert Geschäftsführer Roland Mahler. Diese Menschen werden für den Arbeitsmarkt vorbereitet, so gut es geht integriert und fit gemacht. Es gehe momentan nicht um eine hohe Vermittlungsquote. Die könne es noch gar nicht geben.
Bis Herbst nächsten Jahres will man Zählbares vorweisen. „Wenn wir nach fünf Jahren die Hälfte dieser Neubürger in den Arbeitsmarkt integriert haben, wäre das ein Erfolg“, so Mahler. Die Stadt Eisenach habe in nächster Zeit keine Zuweisung weiterer Flüchtlinge zu erwarten, weil sie ihr Soll schon übererfüllt habe, heißt es. Beim Verhältnis von Arbeitssuchenden zu Flüchtlingen liege Eisenach hinter Jena und Gera in Thüringen auf Platz drei. Mahler und Zenkert verfolgen freilich die weltpolitische Lage. Wie sich die Türkei in der Flüchtlingsfrage verhalte, könne man schwer vorhersagen. Da sei alles möglich, meint Susanne Zenkert.
Aber noch mal: „Flüchtlinge und Deutsche werden bei den Jobcentern grundsätzlich gleich behandelt“, so Zenkert. Es gelten die gleichen Rahmenbedingungen. Das Jobcenter ist bei der Integration die letzte Station für Flüchtlinge. Wie sich jemand in die Gesellschaft einfügt und damit auch tauglich für den Arbeitsmarkt wird, dafür würden die Grundlagen viel früher gelegt.
Eine große Herausforderung für die Jobcenter sei es, die desillusionierten Arbeitssuchenden davon zu überzeugen, dass es eine Perspektive gibt. Jenen Leuten, denen bei Arbeitsstationen vielleicht erklärt wurde, dass sie zu nichts taugten, die schlechte Erfahrungen gemacht haben. Zenkert und Mahler beschwören den Prozess des lebenslangen Lernens. Fast jeder könne einen Platz finden, wo er gebraucht werde.
Bringen die Jobcenter der Region jemanden in Arbeit, dann bleibe der mittlerweile immer häufiger fest im „Betriebssystem“. Die Zahl der sogenannter „Hopper“werde immer geringer. Kleiner sei auch das Budget der Jobcenter für Maßnahmen geworden. Man müsse die Arbeit, die Angebote, noch zielgerichteter einfädeln als etwa noch vor zehn Jahren.
Menschen auf den Arbeitsmarkt vorbereiten
Weltpolitische Entwicklung im Blick