Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Eisenach und Bad Salzungen scheitern mit Ausschüttungsantrag
Mit knapper Mehrheit lehnt Versammlung des Abfallwirtschaftszweckverbandes die Abführung von Geld ab
Wartburgregion. „Kohle her!“Salopp formuliert könnte man so die Forderung der Städte Eisenach und Bad Salzungen an den Abfallwirtschaftszweckverband (AZV) mit diesem einen Satz erklären. Doch der Antrag der Vertreter der beiden Kommunen auf eine „signifikante Gewinnausschüttung“inklusive der Abführung der Eigenkapitalverzinsung an die Verbandsmitglieder wurde in der Azv-sitzung am Mittwoch mit knapper Mehrheit von fünf zu vier Stimmen abgelehnt. Die Sache scheint zu heiß zu sein.
Die knappe Mehrheit folgte damit den Argumenten von Landrat und Verbandsvorsitzendem Reinhard Krebs (CDU), für den es bei den durchaus verständlichen Begehrlichkeiten nicht nach der Devise „Wünsch dir was“, sondern um Rechtssicherheit geht. „Was nützt uns denn das Geld, wenn sich vor Gericht herausstellt, dass es zu unrecht ausgeschüttet wurde, wir es ausgegeben haben und dann wieder zurückbezahlen müssen?“, fragt Creuzburgs Bürgermeister Ronny Schwanz (CDU) rhetorisch.
Eine Ausschüttung des überaus liquiden Zweckverbandes von Millionen Euro an die Verbandsmitglieder, wie sie seit einem Gutachten von 2016 dem Verband nahe gelegt (wir berichteten) und heftig diskutiert wird, ist mit einigen rechtlichen Unsicherheiten verbunden.
Seit dem Gutachten und dem Nachbohren beim Landesverwaltungsamt gibt es laut Landrat Krebs „einen neuen Erkenntnisstand“, von dem die Verbandsversammlung allerdings nicht im Detail wisse. Die Gespräche mit der Rechtsaufsicht hätten bisher nicht zum Ziel geführt. Fronten hätten sich vielmehr verhärtet, sagte der Verbandsvorsitzende am Mittwoch. Fazit: Der AZV hat ein Luxusproblem. Den besagten Gewinnausschüttungsantrag stellte Eisenach im Zuge der Präsentation der Azvhaushaltszahlen für 2016. Diese zeigten trotz eines eher unerheblichen Jahresverlustes von 184 000 Euro, dass es dem Verband finanziell sehr gut geht.
Das Minus resultiert lediglich aus einer besonderen Bewertungsvorschrift bei der Aufzinsung der Deponierücklagen (Rekultivierungsrückstellung), die derzeit 42,565 Millionen Euro betragen. Das ist etwa eine Viertelmillion Euro mehr als 2015.
Alle anderen wirtschaftlichen Kennziffern wie das Eigenkapital (10,8 Millionen), die gesteigerten Finanzanlagen (auf 17 Millionen Euro) oder die liquiden Mittel von etwa 40 Millionen Euro demonstrieren die finanzielle Stärke des Zweckverbandes. Der AZV nahm im Vorjahr mit etwa 13 Millionen Euro mehr Gebühren denn je ein.
Aus der Beteiligung bei der Umweltservice Wartburgregion Gmbh in Stockhausen verbucht der AZV mit 332 000 Euro, aus Darlehen 165 000 Euro, aus Anlagezinsen gut 300000 Euro. Insgesamt 762 000 Euro. Kurz: Der Laden läuft. Und das weckt auf Grundlage des Gutachtens natürlich Begehrlichkeiten bei Verbandsmitgliedern.
Doch wie sieht die Sache rechtlich aus? Da streiten sich die Geister. Die Rechtssprechung auf diesem Gebiet ist „dünn“. Für Verbandsrat Kurt Kästner (CDU) aus Seebach stehen Erträge den Gebührenzahlern und nicht den Verbandsgemeinden zu. Soll heißen, müssten zuerst Abfallgebühren gesenkt werden, ehe Geld ausgezahlt wird.
„Das ausgeschüttete Geld kommt den Bürgern ja wieder zugute“, entgegnete Bad Salzungens Bürgermeister Klaus Bohl (FW), der wie Eisenachs Bürgermeister Uwe Möller (CDU) immer wieder auf das Gutachten von 2016 verwies, wonach Ausschüttungen möglich seien.
An dieser Stelle wurde die Versammlung emotional und Landrat Krebs musste mit Engelszungen argumentieren, um die Dramatik aus der Debatte zu nehmen. Er suche bei Verwaltungsamtspräsident Frank Roßner das „finale Gespräch“. Im Blick stehen vor allem die Tätigkeiten des AZV, die nichts mit der Kernaufgabe, also der Abfallentsorgung zu tun haben.
Das sind zum Beispiel Einnahmen aus dem Containerdienst, aus der Schlacke-aufbearbeitung, aus Darlehen oder Beteiligungserlöse. Ob diese am Ende gebührenmindernd wirken müssten oder ausgezahlt werden könnten, dazu gilt es einen rechtssicheren Standpunkt zu finden.
Deponierücklage beträgt 42,56 Millionen Euro