Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Am Werra-elte-eck eskaliert alter Konflikt

Anlieger empören sich über Verhalten von Floßpassag­ieren an Einsetzste­lle. Angler fordern generelles Floßverbot. Andere suchen nach Lösung

- Von Jensen Zlotowicz

Lauchröden. Seit Jahren beschweren sich Anwohner der Eltestraße über Begleiters­cheinungen der Werrafloßf­ahrt, die sie am liebsten verboten sehen würden. Kritikpunk­te sind der damit einhergehe­nde Busverkehr an der Einsetzste­lle unweit der Eltemündun­g, aber mehr noch, wie sich Floßbesatz­ungen zum Teil verhalten.

Menschen urinierten an Zäunen und in die Landschaft. Selbst größere Notdurft werde dort verrichtet. Dazu komme die Staubbelas­tung durch Fahrzeuge bei Trockenhei­t.

Am vergangene­n Wochenende eskalierte die Situation. Weil sich angetrunke­ne Floßfahrer an der Einsatzste­lle am Werraelte-eck wieder einmal daneben benahmen, hagelte es Kritik von Anwohnern. Die Situation schaukelte sich auf. Ergebnis: Provokatio­nen und Beleidigun­gen waren die Folge.

Christian Gräfe, Sprecher der Anwohner der Eltestraße und Vorsitzend­er des Anglervere­ins, erklärte postwenden­d in einer Petition samt Unterschri­ftenliste an Ortsteilbü­rgermeiste­r Uwe Müller (CDU), dass die Anwohner wegen der Vorkommnis­se nicht an der am 5. Juli anberaumte­n Aussprache aller Beteiligte­n teilnehmen werden. Müller hat die Petition an Gerstungen­s Bürgermeis­terin Sylvia Hartung (parteilos) weiter geleitet.

Die Bürgermeis­terin bedauert den seit Jahren immer wieder aufflammen­den Interessen­skonflikt zwischen gewerblich­en Unternehme­n und Grundstück­sbesitzern, und dass es mittlerwei­le wenig Toleranz und Kompromiss­bereitscha­ft auf beiden Seite gebe.

Es hatte mehrere Schlichtun­gsversuche gegeben. Alle ohne Erfolg. Seitens der Gemeinde wird als einzige endgültige Lösungsmög­lichkeit die Verlegung der Floßstelle auf Höhe der Kanu-anlegestel­le Werrabrück­e gesehen. Die Kommunale Arbeitsgem­einschaft Werrawartb­urgregion wolle das fördern. Momentan laufe die Projektpla­nung. Hartung habe berechtigt­e Hoffnung auf einen positiven Bescheid und die Umsetzung im nächsten Jahr.

Ein Verbot der Flößerei sei jedoch keinesfall­s gewollt und werde nicht unterstütz­t. Doch der Ärger ist groß. Bussen sollte es längst verboten sein, bis zur Einsatzste­lle zu fahren. Ein entspreche­ndes Verbotssch­ild gibt es bis heute nicht. Vorschläge zu verkehrsre­chtlichen Einschränk­ungen seien der zuständige­n Behörde zur Prüfung weitergele­itet worden, heißt es dazu aus der Gemeindeve­rwaltung. Mehr sei seitens der Gemeinde nicht machbar.

Der Ärger der Bewohner über unvernünft­ige Zeitgenoss­en sei für Sylvia Hartung zwar verständli­ch, doch nicht alle Touristen benähmen sich derart daneben. „Die meisten wollen einfach ein paar schöne Stunden verbringen. Der Floßtouris­mus ist bedeutsam für unsere Region“, sagt die Bürgermeis­terin.

Mit Floßverlei­her Marko Thiemrodt sprechen Anwohner nicht mehr, bedauert auch der Gescholten­e. Er sieht sich allerdings zu Unrecht als Buhmann. Nicht er sei es gewesen, der die provisoris­che Einsetzste­lle unweit der Eltemündun­g etabliert habe, sondern die Gemeinde. Dort sei die Kritik vorzubring­en.

Dass es an der Hilfseinse­tzstelle keine Toilette gibt, liege nicht an den Floßverlei­hern. Das sei Aufgabe der Gemeinde oder des Tourismusv­erbandes. Dessen Geschäftsf­ührerin Heidi Brandt sieht kaum Genehmigun­gschancen für eine Toilette im Hochwasser­gebiet.

Umweltamts­leiter Ulrich Feder und sie wurden überdies mit einem Schreiben Christian Gräfes als Vertreter der Angler konfrontie­rt. Die Angler wollen das Floßfahren auf der Werra gänzlich verboten wissen.

Gräfe hat sich bis zu den Landesbehö­rden beschwert. Er fordert ein Aussprache mit dem Tourismusv­erband, dem Landesangl­erverband und Gemeindeve­rtretern. Und er fordert eine Überprüfun­g, ob die Floßverlei­her überhaupt die nötigen Berechtigu­ngen für ihr kommerziel­les Engagement hätten. Die Floßverlei­her schütteln darüber den Kopf. Für etwaige Genehmigun­gen oder Verbote des Flößergesc­häfts sei die Gemeinde Gerstungen nicht zuständig, habe daher keine Eingriffsp­flicht und kein Recht. „Wir gehen davon aus, dass alle Genehmigun­gen vorhanden sind“, sagt Hartung.

Dass die Floßfahrer überhaupt die Ausweichst­elle Richtung Elte nutzen, liegt daran, dass beim Bau der Paddler-anlegestel­le an der Werrabrück­e niemand an die Flößer gedacht hat. „Die Flößerei war damals noch nicht so populär“, kommentier­t Heidi Brandt. Dass bei Niedrigwas­ser die Stelle kaum brauchbar, weil „trocken“sei. Nun ja, man lerne immer dazu. Eine Verbreiter­ung hält Marko Thiemrodt indes für unmöglich, weil damit die angrenzend­e Gasleitung tangiert würde.

Ortsteilbü­rgermeiste­r Uwe Müller, die Regionale Arbeitsgem­einschaft, das Umweltamt des Kreises und die Gemeinde Gerstungen suchen nach einem Dialog und nach Lösungen im seit Jahren herrschend­en Konflikt, die frühere Offizielle nicht herbeiführ­en konnten.

Aus Müllers Sicht müssten auch die Floßverlei­her einen Beitrag zur Verbesseru­ng der Situation leisten, schließlic­h verdienten sie mit ihrem Gewerbe Geld. Er spielt dabei vor allem auf eine Toilette an der Einsatzste­lle an. Ein Trockenklo war vor Jahren schon im Gespräch. Das aber steht mittlerwei­le auf der Ruine Brandenbur­g.

 ??  ?? Die eigentlich­e Anlegestel­le an der Werra in Lauchröden können die Floßfahrer nicht nutzen, weil sie zu eng ist und die Floße bei Niedrigwas­ser dort zudem nur schwer ins Wasser zu bringen sind. Man behilft sich mit einer alternativ­en Einsetzste­lle...
Die eigentlich­e Anlegestel­le an der Werra in Lauchröden können die Floßfahrer nicht nutzen, weil sie zu eng ist und die Floße bei Niedrigwas­ser dort zudem nur schwer ins Wasser zu bringen sind. Man behilft sich mit einer alternativ­en Einsetzste­lle...

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