Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Skisprung-frauen wollen Gleichbere­chtigung

Die Männer haben eine Vierschanz­entournee und springen ständig von der Großchance – das wollen nun auch die Frauen

- Von Patrick Reichardt

Lillehamme­r. Viele Menschen verbringen die Zeit zwischen Weihnachte­n und Silvester am liebsten zu Hause. Carina Vogt nicht. Die Skisprung-olympiasie­gerin kann sich Besseres vorstellen, als die besinnlich­e Zeit zwischen den Feiertagen in der Heimat zu verbringen. „Es ist traurig, wenn wir drei Wochen zuhause sitzen zwischen Dezember und Januar, bis es wieder weitergeht“, sagte die 25-Jährige. Auf die Schanze statt vor der Glotze: Vogt würde liebend gerne an einer Art Vierschanz­entournee teilnehmen, doch so etwas gibt es für Frauen nicht.

Zwar ist die junge Sportart seit 2014 in Sotschi olympisch, jedoch unterschei­den sich der Weltcup-kalender, viele Strukturen und das Zuschaueri­nteresse noch immer merklich von der Wettkampfs­erie der männlichen Kollegen. „Das Ziel, das ich verfolge, ist, dass wir an die Männer angegliede­rt werden“, sagte die Springerin. Für die neue Saison, die an diesem Freitag (16 Uhr) auch mit der Ruhlaerin Juliane Seyfarth in Lillehamme­r beginnt, gibt es immerhin einen kleinen Fortschrit­t: Erstmals werden bei den Frauen Teamwettkä­mpfe ausgetrage­n – einer in Hinterzart­en und einer im japanische­n Zao.

Doch während Andreas Wellinger, Richard Freitag und Co. rund um den Jahreswech­sel bei der Tournee um Erfolg sowie Prestige und bei der Raw-airtour in Skandinavi­en im März um viel Geld springen, wirkt der Frauen-weltcup an vielen Stellen noch immer schmucklos. Es gibt keine Tournee, es gibt keine Skiflug-wm, und es wird meist auf Kleinschan­zen gesprungen. „So richtig den Schritt auf uns zu gehen sie immer noch nicht“, sagt die Olympiasie­gerin über den Weltverban­d FIS. Erst 2011 wurde der Weltcup eingeführt. Während Programm und Interesse in anderen Winterspor­tarten deckungsgl­eich sind, gibt es auf der Schanze weiter große Unterschie­de. Richtig in den Fokus rücken die Frauen nur bei nordischen Weltmeiste­rschaften oder Olympia. Bei der nächsten WM in Seefeld 2019 gibt es einen Fortschrit­t, wenn auch einen kleinen: Erstmals gibt es neben dem Mixed auch ein Mannschaft­sspringen der Frauen. „Wir hätten gerne viel mehr Teamwettbe­werbe. Ich sehe da überhaupt keine Bedenken mehr. Wir haben die Qualität“, beteuert Vogt.

Doch kleine Fortschrit­te sind den Dsv-frauen nicht genug. Nach Pyeongchan­g 2018, wo Vogt ihren Olympiasie­g von Sotschi wiederhole­n möchte, ist vor Peking 2022. Und spätestens dann soll der Anschluss geglückt sein. „Ich hoffe, dass wir bis dahin ziemlich gleichbere­chtigt sind“, sagt Andreas Bauer, der Cheftraine­r der Skisprung-frauen.

Das passende Vorbild hat er bereits gefunden. „Im Biathlon sind die Athleten immer an einem gemeinsame­n Wettkampfo­rt. Das ist für mich auch die Zukunft des Skispringe­ns“, sagte Bauer. Dafür müsse man aber aus logistisch­en Gründen dauerhaft auf der Großschanz­e springen.

Sportlich zeichnete sich in all den vergangene­n Jahren ein ähnliches Bild ab. Im Weltcup dominierte die Japanerin Sara Takanashi, bei den Großereign­issen siegte stets Carina Vogt. Neben der 25-Jährigen sollen aber auch Katharina Althaus und Svenja Würth erneut um Top-platzierun­gen kämpfen. „Ich denke schon, dass wir ähnlich in Form sein werden wie letztes Jahr“, sagte Trainer Bauer. (dpa)

Kleiner Fortschrit­t zur WM 2019

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