Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Gesetze nur noch für Dumme“
Hans-jürgen Papier, langjähriger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, warnt vor einer Erosion des Rechtsstaats
solche Selbstkorrektur vorzunehmen. Daher bin ich sehr dafür, die Amtszeit des Bundeskanzlers auf zwei Wahlperioden zu begrenzen. Das erhöht auch den Druck auf die Amtsträger, Nachwuchs zu fördern.
Der Höhenflug der AFD erfolgt, obwohl sie immer radikaler wird: Führende Vertreter verharmlosen die Ns-zeit, demonstrieren an der Seite von Neonazis und propagieren den Umsturz. Reagiert der Staat hinreichend konsequent?
Die Parteien, die das parlamentarische System tragen, haben Fehler gemacht. Daher ist es zum Erstarken radikaler Kräfte gekommen. Jetzt ist es angezeigt, dieser Fehlentwicklung entgegenzuwirken. Vor allem muss die Flüchtlingsfrage gelöst werden – unter Beachtung der rechtsstaatlichen Vorgaben. Es ist sicherlich begrüßenswert, wenn eine Gesellschaft nach moralisch-ethischen Überlegungen hilft und versucht, die Not anderer Menschen zu lindern. Aber Humanität und Barmherzigkeit müssen in den Bahnen des Rechts verlaufen. Moral, die sich gegen das Recht stellt, verleitet zur Beliebigkeit und Willkür.
Diese Fragen haben die Regierung an den Rand des Bruchs geführt – mit dürftigen Ergebnissen.
Ich habe den Vorstoß von Innenminister Seehofer, zur Einhaltung des Rechts an deutschen Grenzen zurückzukehren, durchaus begrüßt. Das war kein Streit, der aus persönlichen Gründen vom Zaun gebrochen wurde. Es ging um Grundsatzfragen. Aber die Lösungen überzeugen auch mich noch nicht in vollem Umfang.
Genügt es, die AFD mit der Lösung von Problemen zu bekämpfen? Oder ist auch der Verfassungsschutz gefordert? Dazu fehlt mir die Kenntnis. Der große Zulauf zur AFD ist jedenfalls darauf zurückzuführen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Parteien der Mitte verloren haben. Das halte ich für kritisch. Wir haben Gott sei Dank keine Zustände wie am Ende der Weimarer Republik. Es gibt keinen Anlass für Hysterie. Aber es ist an der Zeit, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen, die dringend korrigiert werden müssen.