Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Der vergessene Schatz
Georg Lesser setzt sich mit dem Projekt „Save Nature“für die Umwelt ein. Zu Besuch bei dem umtriebigen Eisenacher
Eisenach/leutenberg. Ein Schiff aus Plastikmüll, Kokosnussseil und Bambus, so hat alles angefangen. Damals in Indien. Sechs Monate ist Georg Lesser zusammen mit seinem Freund Johannes Leeder durch das ferne Land gereist. Sechs Monate, die den gebürtigen Eisenacher veränderten. „Ich habe erkannt, dass ich selbst etwas tun muss“, sagt der 28-Jährige, der heute in Leutenberg wohnt und das Naturschutzprojekt „Save Nature“organisiert.
Beim Sprechen macht Lesser kleine Pausen, oft hält er dabei die Hand vor den Mund. Überhaupt strahlt er Ruhe aus, wenn er in einem alten Sessel auf der Veranda seiner Holzhütte versinkt und den Blick über die Baumspitzen des Thüringer Schiefergebirges wandern lässt.
Angesichts der Müllberge und des Gestanks von brennendem Plastik in den Straßen Indiens wollte er nicht länger zusehen, „wie der Lebensraum von Mensch und Natur stark leidet“. Zurück in Deutschland wurde aus dem Rettungsassistenten ein Umweltaktivist – mit Visionen. „Wenn man erst einmal anfängt, verändert sich auch das eigene Umfeld“, sagt er und lebt diese Auffassung.
„Johannes und ich haben vor zweieinhalb Jahren ‚Save Nature‘ gegründet und in Leutenberg von unserem Ersparten zwei Hektar Waldgrundstück gekauft“, sagt Lesser, der mit seinem blauen Geländewagen in der kleinen Gemeinde auffällt.
Apfelfest 2019 in Eisenach geplant
„Unsere Ideen brauchten einfach Platz, um sich zu entwickeln.“Wie in einem Puzzle kamen mit weiteren Mitstreitern weitere Flächen dazu. Mittlerweile gehören den Naturschützern etwa sechs Hektar Land, die etwa 20 Mitglieder bewirtschaften. Einer von ihnen ist Lesser. Sie alle arbeiten für ihren Lebensunterhalt und engagieren sich nebenbei ehrenamtlich. Lesser ist zum Beispiel als Bademeister in Leutenberg angestellt.
„Erst letzte Woche hat die Gemeinde uns geholfen, den Weg herzurichten“, sagt er und raschelt mit Rauhaardackel Waldi durch das Laub den Hang zur Streuobstwiese hinauf.
Der Weg führt am Haupthaus des Naturschutzprojektes vorbei, weiter über erste Stationen eines Naturlehrpfades, die durch die bunten, selbst gemalten Schilder nicht zu übersehen sind. „Moospfad“oder „Meditationswiese“steht da, hier plant Lesser eine Schwitzhütte und dort einen noch nicht angelegten See. Auf lange Sicht wollen sie Leutenberg als Ziel für ökologischen Tourismus attraktiv machen. Nächstes Jahr will er parteilos im Stadtrat kandidieren.
„Zu unserem Konzept gehören Schulprojekte, Müllsammelaktionen, Baumpflanzungen und die Pflege von Streuobstwiesen. Wir könnten sagen, wir machen Pflege von Natur- und Kulturlandschaften“, sagt Lesser als er das Schild „ Streuobstwiese“erreicht. „In Deutschland haben wir einen riesigen Bestand solcher Wiesen. Der Großteil wird aber nicht genutzt.“Die vergessenen Schätze wollen die Aktivisten um Lesser nutzen. Mit zwei alten Handpressen und einer mobilen Mosterei haben sie allein dieses Jahr 20.000 Liter Apfelsaft hergestellt. „Ich bin deshalb auch gerade geschlaucht“, so Lesser stellvertretend für viele freiwillige Helfer.
Der Saft, dessen Erlös die Pflege der Streuobstwiesen finanziert, wird in verschiedenen Regionen Thüringens verkauft – mit Schwerpunkt in Eisenach. Für seine Heimat hat Lesser auch Pläne: „Nächstes Jahr soll es im Herbst ein großes Apfelfest auf der Hofferbertaue geben. Hier ist eine große Streuobstwiese, um die wir uns kümmern.“