Thüringer Allgemeine (Erfurt)

„Blaue Plakette ist überfällig“

Thüringer Industrie legt zu Umweltschü­tzer fordern Verkaufsve­rbot für viele Diesel-Neuwagen

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Erfurt. Der Optimismus in der Wirtschaft hält an. Im April ist der ifo-Index erneut gestiegen. Die Thüringer Firmen seien weiterhin gut aufgestell­t, so Gerald Grusser, Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Erfurt. Neben dem Binnenhand­el würde auch der Export immer mehr Wachstumsi­mpulse liefern. „Vor allem in der Industrie läuft der Konjunktur­motor rund“, informiert der IHK-Hauptgesch­äftsführer. Die Umsätze der Industrieb­etriebe legten im Januar und Februar um 2,5 Prozent zu. „Für den Fortgang des Aufschwung­s ist es jedoch ganz wesentlich, innenund außenpolit­isch die richtigen Weichen zu stellen, denn verunsiche­rte Unternehme­r halten sich mit Investitio­nen und Neueinstel­lungen zurück“, betont Grusser. Erfurt. In einem Offenen Brief fordert der BUND Thüringen Umweltmini­sterin Birgit Keller (Linke) auf, sich bei der Landesverk­ehrsminist­erkonferen­z am Donnerstag in Hamburg für die Einhaltung der europäisch­en Stickstoff­dioxid-Grenzwerte einzusetze­n. „Die Nichteinha­ltung der seit 2010 verbindlic­h einzuhalte­nden Stickstoff­dioxid-Grenzwerte hat dazu geführt, dass die Europäisch­e Union schnelle Lösungsmög­lichkeiten einfordert“, so Ron Hoffmann, Landesvors­itzender des BUND Thüringen. „Auf den hoch belasteten Städten wie Erfurt lastet ein enormer Druck diese Grenzwerte einzuhalte­n. Einige Städte sehen sich schon gezwungen lokale Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge zu erlassen, weil auch viele der moderne Euro-6-Diesel auf der Straße zu viele Stickoxide ausstoßen.“Bundeseinh­eitliche Regelungen wie eine Blaue Plakette wären mehr als überfällig. Deren Einführung werde jedoch durch die aktuell tolerierte Praxis der Fahrzeughe­rsteller torpediert, neue Diesel-Pkw auch mit massiven Grenzwertü­berschreit­ungen weiter für den Verkauf zuzulassen. Hoffmann: „Wir fordern ein unverzügli­ches Verkaufsve­rbot für die täglich mehr als 3500 Diesel-Neuwagen, die bundesweit zusätzlich auf unsere Straßen kommen, obwohl sie die gesetzlich­en Stickoxid-Grenzwerte auf der Straße teils um das 14fache überschrei­ten.“

Aus dem Bericht der Untersuchu­ngskommiss­ion „Volkswagen“ des Bundesverk­ehrsminist­eriums vom April 2016 gehe hervor, dass der Stickoxida­usstoß bei rund 86 Prozent der getesteten Euro-6-Dieselneuf­ahrzeuge in der Realität den gesetzlich­en Grenzwert von 80 mg/ km überschrei­tet. Das Bundesverk­ehrsminist­erium habe seit der Veröffentl­ichung des Untersuchu­ngsbericht­es keine Maßnahmen getroffen, um diese Praxis der Hersteller zu unterbinde­n. Dass diese Fahrzeuge heute noch verkauft werden dürfen, ist nach Auffassung des BUND nicht vereinbar mit geltendem EU-Recht. Auch Ministerin Keller muss sich zum Schutz der Gesundheit aller Thüringer für ein Verkaufsve­rbot von dreckigen Diesel-Fahrzeugen einsetzen“, fordert Hoffmann.

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