Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Klare Kante gegen Schläger

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Kai Mudra

Wer schlägt, muss damit rechnen, dass die Justiz zurückschl­ägt! Richter Holger Pröbstel ließ gestern keinen Zweifel, was er nach der Beweisaufn­ahme vor der Jugendkamm­er am Landgerich­t Erfurt vom Überfall auf eine Kirmesgese­llschaft in Ballstädt hält: Es sei eine „ungemein brutale, feige Tat“gewesen.

Der Anlass für die Attacke – eine eingeworfe­ne Fenstersch­eibe – sei dagegen nichtig. Dafür, dass auch nur einer der Angegriffe­nen damit etwas zu tun hatte, fehlt jeder Beweis.

Trotzdem wurden zehn Menschen brutal zusammenge­schlagen. Von krasser Selbstjust­iz spricht das Gericht. Das könne keine Gesellscha­ft tolerieren, dass 15 Leute das Recht in ihre eigene Hand nehmen.

Mit den zehn Haftstrafe­n zeigte die Justiz gestern klare Kante. Bleibt zu hoffen, dass die Urteile Bestand haben.

Die Jugendkamm­er betonte mehrfach, kein politische­s Verfahren geführt zu haben. Neonazisac­hen seien nicht festgestel­lt worden. Vielmehr wurde der Überfall auf die Kirmesgese­llschaft verhandelt.

Das sehen die Nebenkläge­r ganz anders: Die Anwälte werten die Tat als Versuch der Angeklagte­n, ihren Hegemoniea­nspruch durchzuset­zen, Furcht und Schrecken in einer ehemals friedliche­n Dorfgemein­schaft zu verbreiten. Sie werfen dem Gericht vor, mit seiner Haltung diesen Überfall entpolitis­iert zu haben.

Ballstädt erleidet so tiefe Narben. Selbst wenn die Verurteilt­en hinter Gitter müssen, bleibt in der Gemeinde die Angst.

Die nächste Ausgabe der Thüringer Allgemeine­n erscheint am Sonnabend, 27. Mai.

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über die Urteile im Ballstädt-Prozess

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