Glockentrio wieder komplett
Kuchentafel, Ruinen-Rock und koschere Speisen: Kirchentag zeigt sich in Erfurt in großer Vielfalt
Erfurt. Für Friedemann Boelicke ging am Donnerstag ab 21.30 Uhr ein Traum in Erfüllung: Für die Kirche in Salomonsborn, deren Sanierung er seit acht Jahren vorantreibt, wurde auf dem Domplatz vor hunderten Zuschauern eine neue Glocke gegossen. Mit ihr wird das Glockentrio der Kirche wieder komplett. Für den 78Jährigen findet damit ein Kapitel seines Rentnerlebens ein würdiges Ende, wie er am Rande des Ereignisses sagte, das in den Kirchentag in Erfurt eingebettet war.
Am heutigen Samstag wird die Glocke aus ihrer Gussform geholt, entmantelt, um dann in die Glockenwerkstatt nach Karlsruhe gebracht zu werden, wo sie geputzt und intoniert wird, wie Boelicke erklärte. Wenn alles geklappt hat, wird sie am Donnerstag, 15. Juni, ab 9 Uhr in Salomonsborn dann in den Turm gehängt. Zuletzt war der öffentliche Glockenguss am Gutenberggymnasium für eine Glocke zum Gedenken an die Opfer der Amok-Tat gescheitert.
Schon am Donnerstagnachmittag war der Glockenguss vor staunendem Publikum vorbereitet worden, während die Nerly BigBand die Zuhörer mindestens zum Mitwippen brachte. Am späten Abend war dann die Bronze auf über 1000 Grad erhitzt worden. Da saßen noch zahlreiche Kirchentagsbesucher an den Biertischen auf dem Domplatz, der sich am Himmelfahrtstag in eine riesige Kuchentafel verwandelt hatte.
Bestaunt werden konnte auf dem Domplatz auch die Lutherrose, zusammengestellt aus etwa 3000 Pflanzen. Die Idee dazu hatte Stadtführer Roland Büttner aus Erfurt, der seinerseits Jörg Kallenbach für die Hilfe bei der Umsetzung dieses Projekts zu danken habe, wie er gegenüber dieser Zeitung sagte.
In der Barfüßerkirche gab es Live-Musik, beispielsweise mit Feierfeil. Und auch gestern hieß es in der Innenstadt wieder „Licht auf Luther“, wurde in Kirchenräume zum Gespräch oder zu Konzerten eingeladen. Auf dem Domplatz waren die Biertische auch gestern gut genutzt: „Erfurt tafelt“hieß hier das Motto – und zwar diesmal international. Damit aus Fremden Freunde werden, brachte jeder Speisen und Getränke mit und teilte sie mit seinen Sitznachbarn.
Apropos Tafeln: Vom CJD wurden koschere Speisen zubereitet. Für Pfarrer Ricklef Münnich ein überdeutliches Zeichen dafür, dass in Erfurt Ökumene gelebt wird auch mit Blick auf Menschen jüdischen Glaubens.