Maschinen können in Thüringen Tausende Arbeitsplätze übernehmen
Digitalisierung betrifft Freistaat durch die Konzentration auf Fertigung besonders. Bildung wird immer wichtiger
Erfurt. Fast jeder fünfte Arbeitsplatz in Thüringen könnte kurzfristig von Maschinen oder Robotern übernommen werden. Das ergab eine Studie von Wissenschaftlern des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB-Regional) in Halle zur Digitalisierung auf dem Thüringer Arbeitsmarkt, die jetzt veröffentlicht wurde.
Nach Angaben der Arbeitsmarktexperten sind fast 19 Prozent der rund 777 000 Beschäftigten, also konkret rund 146 000 Arbeitsplätze, davon betroffen. Darunter sind 4400 Beschäftigte, deren Tätigkeiten vollständig von Computern oder von computergesteuerten Maschinen übernommen werden könnten, so die Forscher.
Beim Substituierbarkeitspotenzial liegt der Freistaat über dem deutschen Durchschnitt. Bundesweit üben etwa 15 Prozent der Beschäftigten eine Tätigkeit aus, die zu mehr als 70 Prozent durch IT ersetzbar ist. „Die höhere Betroffenheit in Thüringen erklärt sich aus der spezifischen Wirtschaftsstruktur. Im Freistaat dominieren Fertigungsund Produktionsberufe, die eher von Maschinen gemacht werden können, als etwa Dienstleistungsberufe oder Tätigkeiten im Gesundheitsbereich“, erklärte der Autor der Studie, Per Kropp.
Ein weiteres Ergebnis der Studie der Hallenser Wissenschaftler: Es gibt innerhalb des Landes große regionale Unterschiede. Während im Landkreis Sonneberg fast 36 Prozent der Beschäftigten in Jobs arbeiten, die zu 70 Prozent von Maschinen übernommen werden könnten, sind es in Erfurt nur zehn Prozent.
Die Wissenschaftler erklären die Spreizung mit den unterschiedlichen Branchenstrukturen, aber auch dem Anforderungsniveau der Jobs. „In den Städten arbeiten viele Höherqualifizierte in Berufen, die weniger durch Maschinen übernommen werden, wie etwa in der Verwaltung, in der Forschung oder im Dienstleistungsbereich“, sagte Kropp.
Im Südthüringer Raum dominieren Branchen wie Maschinenund Anlagenbau oder Elektrotechnik, in der Landeshauptstadt überwiegen Behörden und Ämter als Arbeitgeber.
Allerdings bedeute die schnelle Ersetzbarkeit von Arbeitsplätzen durch Maschinen nicht in jedem Fall den kompletten Verlust der Jobs, so die Forscher.
„Die Digitalisierung wird keinen sc massiven Arbeitsplatzabbau zur Folge haben, sondern eine Verschiebung und Veränderung von Jobs“, bestätigte auch Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Thüringen, diese Einschätzung.
Es änderten sich vor allem die Inhalte und Anforderungen, deshalb wachse die Bedeutung des Rohstoffs „Bildung“für den Freistaat. Investitionen in Kitas, Schulen, Hochschulen und die Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten sind jetzt wichtig, damit der Strukturwandel eine Erfolgsgeschichte wird“, so Senius. weiter. Lebenslanges Lernen sei der Schlüssel.
Der Staat müsse sich um diejenigen kümmern, die beim Strukturwandel Unterstützung brauchen. Das gelte für Arbeitslose und Geringqualifizierte, aber auch für kleine Unternehmen. „So verhindern wir von vorneherein soziale Verwerfungen“, erklärte Senius. ▶