Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Italienisc­her Krisen-Cocktail

-

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man sich in Europa entspannt zurückgele­hnt. Der Rechtspopu­lismus sei besiegt, waren viele überzeugt. Wahr ist: Bei den zurücklieg­enden Wahlen in Österreich, den Niederland­en und in Frankreich gelang keiner der Rechtsauße­nparteien der Durchmarsc­h.

Diese Selbstzufr­iedenheit ist trügerisch – und gefährlich. In Italien braut sich ein KrisenCock­tail zusammen, der Linksund Rechtspopu­listen neuen Auftrieb verleihen könnte. Kein Land in Europa steht mehr in der Kreide. Knapp 2,3 Billionen Euro Schulden hat der Staat, das entspricht 133 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Tendenz steigend. Die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k ermuntert die öffentlich­e Hand zu immer mehr Krediten. Dass die Außenständ­e zurückgeza­hlt werden müssen, was bei der irgendwann anziehende­n Inflation ein teures Vergnügen wird, scheint heute niemanden zu interessie­ren. Verschärft wird die Haushaltss­chieflage durch die steigenden Kosten für die Versorgung der Flüchtling­e. So verwundert es nicht, dass das Wirtschaft­swachstum stockt.

Die Unfähigkei­t der italienisc­hen Politik, auch schmerzhaf­te Maßnahmen zu ergreifen, ist ein entscheide­nder Teil des Krisen-Cocktails. Gewählt wird spätestens im März 2018. Derzeit liegt die linkspopul­istische Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo vorn. Der Austritt aus der Euro-Zone ist eine der Kardinalfo­rderungen. Auch die euroskepti­schen Rechtspopu­listen um den Strippenzi­eher Silvio Berlusconi liegen gut im Rennen.

Die Sozialdemo­kraten mit Parteichef Matteo Renzi stehen unter Druck. Die drei großen Parteien sind heftig zerstritte­n und miteinande­r kaum koalitions­fähig. Gut möglich, dass Europa im März ein neuer Moment der Wahrheit bevorsteht.

 ??  ?? Michael Backfisch über Europas nächsten Problemfal­l
Michael Backfisch über Europas nächsten Problemfal­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany