Wahlkampfteam mit Frühstart: Doch wo kein Kläger ist...
Stadtordnung regelt möglichen Zeitraum für Plakatwerbung eindeutig – Verstoß ist im Amt „offiziell nicht bekannt“
Mirella Gasparani (24), Studentin aus Jena:
Ich suche gerade einen Regenhut. So einen gelben, wie die Leute an der Ostsee ihn tragen. Eigentlich mag ich keine Hüte oder Mützen, aber jetzt, wo es so stark regnet, muss man sich ja irgendwie helfen. Und meine Eltern in Italien werden sich bestimmt über Bilder von mir mit diesem typisch deutschen Kleidungsstück freuen.
Foto: Kathleen Kröger Erfurt. Dass Carsten Schneider als Kandidat der SPD für den Bundestag bereits seit Sonntag von einigen Masten und Laternen lächelt, ist ein klarer Verstoß gegen die Stadtordnung. Natürlich nicht das freundliche Gesicht auf dem Plakat ist strafbar, das vorzeitige Anbringen der Wahlwerbung aber schon eine Ordnungswidrigkeit. Denn in Paragraf 5 Absatz 2 der Stadtordnung ist klar beschrieben, dass das Plakatieren vor einer Frist von zwei Monaten zum Wahltermin einen Verstoß darstellt.
Die Bundestagswahl am 24. September gibt also mit ihrem Termin vor, dass frühestens am Montag, 24. Juli, hätte plakatiert werden dürfen. Dennoch wird das Vorpreschen Schneiders wohl folgenlos bleiben, wie eine Anfrage unserer Zeitung im Bürgeramt ergab: Dort liegt keine offizielle Anzeige zum Frühstart des SPD-Mannes vor, folglich werde auch kein Verfahren eingeleitet.
„Bei Feststellung von Verstößen wird geprüft, ob ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten ist“, heißt es weiter in der Mitteilung des Amtes. Aber auch: „Es liegen im Bürgeramt keine Kenntnisse für eine vorzeitige Plakatierung anlässlich der Bundestagswahl 2017 vor.“Heißt: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Auch Antje Tillmann, die auf Listenplatz 2 für die CDU zur Bundestagswahl in Erfurt und Weimar antritt, will es bei einem kritischen Facebook-Beitrag zu Schneiders Frühstart belassen. Dort merkt die CDU-Finanzexpertin süffisant bereits am Sonntag zum Schneider-Plakat an: „Wenn die, die die Gesetze machen, sich nicht daran halten...“Inzwischen ist der Beitrag nicht mehr auf der Facebook-Seite der CDU-Bundestagsabgeordneten zu finden. Stattdessen ist der eigenen Wahlkampfauftakt – fristgerecht Montag auf dem Erfurter Anger – bebildert.
Und die generelle Handhabung in Sachen Plakatierung und Wahlwerbung? Eine Wahlwerbung mit Plakaten ist gemäß § 5 Abs. 2 der Stadtordnung ausschließlich in der Größe DIN A1 an Anlagen der Stadtbeleuchtung für die Dauer des Wahlkampfes zulässig. Besagte zwei Monate vor dem Termin der Wahl. Spätestens eine Woche nach dem Termin der Wahl oder des Anlasses muss die Plakatierung entfernt sein. Parteien, Kandidaten oder Wählergruppen müssen ihre Plakatierung 14 Tage vor Anbringung anzeigen und Standorte und Plakatanzahl angeben. Diese Listen werden im Vorfeld geprüft, heißt es weiter, über die Zulässigkeit der gewünschten Plakatierungsorte gibt es eine Mitteilung des Amtes.
Die Wahlwerbung darf dabei Fußgänger oder den Fahrzeugverkehr nicht behindern. Eine Anbringung im Kreuzungsbereich, an Masten mit Verkehrszeichen oder Leitungsmasten der Evag ist verboten.