Unappetitliches Datum
Es gibt gesellschaftliche Ereignisse, die fest im kollektiven Unterbewusstsein verankert sind und alljährlich zum passenden Datum aufgerufen werden. Damit ist nicht unbedingt etwa der 127. Jahrestag der Erfindung der Ventiltrompete oder anderer weltbewegender Vorkommnisse gemeint. Nein, an dieser Stelle holen wir aus der geschichtlichen Tiefe ein überaus unappetitliches Ereignis ans Licht, welches sich am 26. Juli vor exakt 833 Jahren in Erfurt ereignete. Es wird seither im geschichtlichen Diskurs möglichst umgangen oder eben naserümpfend beschrieben. Die Rede ist vom Erfurter Latrinensturz.
Man hielt an jenem 26. Juli 1184 unter König Heinrich VI. Hoftag ab im obersten Stock der Dompropstei des Marienstifts, die womöglich im Brühl hinter dem Dom lag. Der Zweck: Heinrich, der spätere Kaiser, wollte den Streit zwischen dem Mainzer Erzbischof Konrad I. und dem Landgrafen Ludwig III. von Thüringen schlichten. Man kam allerdings nicht weit. Unter der Bürde des großen Gefolges Heinrichs brach der morsche Boden der zweiten Etage. Die Anwesenden stürzten in die Tiefe und auch der Fußboden in Etage eins gab nach. Letztendlich landeten etwa 60 dieser Unglücklichen in der darunterliegenden Abtrittgrube und starben gar jämmerlich.
Und der König? Der überlebte, weil er am Rande in einer gemauerten Fensternische saß. Was lehrt uns nun dieser grausige Vorfall? Es ist zuweilen hilfreich, nicht immer im Mittelpunkt stehen zu wollen.