Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Beim neuen Kulturdire­ktor bleibt Ausschuss ungefragt

Ankündigun­g von OB Bausewein sorgt für Verstimmun­g selbst bei Parteifreu­nden

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Als wäre die Verwirrung um den scheidende­n Erfurter Kulturdire­ktor Tobias Knoblich und dessen berufliche Zukunft — als Beigeordne­ter in Bayreuth oder Erfurt – nicht genug, sorgt eine weitere Ankündigun­g von Oberbürger­meister Andreas Bausewein (SPD) für Unmut, auch in den eigenen Parteireih­en. Anders als einst vor Knoblichs Amtsantrit­t, soll es nach Informatio­nen des OB-Büros an den Kulturauss­chuss kein ausgedehnt­es Auswahlver­fahren geben. Jedenfalls keines, an dem die Stadtratsf­raktionen wieder mit jeweils einem Vertreter beteiligt werden.

Selbst die zuständige Beigeordne­te Kathrin Hoyer bleibe bei der Personalen­tscheidung wohl außen vor: Der OB habe das gesamte Verfahren an sich gezogen, hieß es. Das nährt die Vermutung, dass Bausewein einen Wunschkand­idaten für das Amt des Erfurter Kulturdire­ktors bereits im Blick hat, die Besetzung des Amtes eine ausgemacht­e Sache ist oder die Mitwirkung des gewählten Stadtrats schlicht nicht erwünscht.

Einig waren sich die Mitglieder des Kulturauss­chusses am Donnerstag­abend jedenfalls, dass – auch wenn dem Oberbürger­meister letztlich die Personalho­heit im Rathaus obliegt – ihrem Ausschuss ein Mitsprache­recht zustehe. „Offenbar will der Oberbürger­meister seine Personalen­tscheidung nur vom Hauptaussc­huss abwinken lassen“, beklagt Alexander Thumfart von den Grünen. Und auch Bauseweins SPD-Parteifreu­nd Wolfgang Beese, Vorsitzend­er des städtische­n Kulturauss­chusses, ist sauer: „Wir waren alle davon ausgegange­n, dass es ein Findungsve­rfahren gibt wie bei Tobias Knoblich.“

Bausewein solle daher aufgeforde­rt werden, den jetzt eingeschla­genen Weg nochmals zu überdenken. „Gerade vor dem Hintergrun­d, dass der neue Kulturdire­ktor eine breite Unterstütz­ung in der Stadt erfahren soll, wäre doch die Beteiligun­g des Kulturauss­chusses wichtig“, pflichtet auch Michael Hose (CDU) diesem Ansinnen bei.

Gerade mit dem Ausschuss habe sich der künftige Kulturdire­ktor doch häufig auseinande­rzusetzen – zeige die Erfahrung. „Wir wollen zur Personalie wenigstens unsere Meinung sagen können!“, fordert Hose daher.

Die erste Sichtung der Bewerber sei bereits im Gange, informiert­e Beese Ausschussm­itglieder und Gäste der Sitzung. Anders aber, als im Protokoll des Stadtrats als Zusage des Oberbürger­meisters vermerkt worden sei, ohne unmittelba­re Beteiligun­g der Stadtratsf­raktionen, wie auch Daniel Stassny von den Freien Wählern monierte.

Weiteres Streitpote­nzial ist im Kulturbere­ich bereits jetzt gewiss: Mit dem Weggang Anselm Hartingers, bislang Direktor der Erfurter Geschichts­museen, wird eine weitere Personalen­tscheidung fällig. Hartinger hatte sich auf eine Ausschreib­ung in seiner Heimatstad­t hin beworben und soll ab April neuer Direktor des Stadtgesch­ichtlichen Museums Leipzig werden. Er hatte sich – in einem Auswahlver­fahren unter Beteiligun­g des Leipziger Stadtrats – gegen 20 Mitbewerbe­r durchsetze­n können.

In Erfurt war er auf der neu geschaffen­en Position des Direktors aller Erfurter Geschichts­museen umstritten und für viele unter den Erwartunge­n geblieben.

Noch muss der Leipziger Stadtrat dem Wechsel zustimmen, doch davon dürfte auszugehen sein. Schließlic­h waren Vertreter des Stadtrats schon im Findungspr­ozess eingebunde­n. Anders, als nun in Erfurt für die Position des künftigen Kulturdire­ktors der Fall sein wird.

Vorgehen war anders besprochen worden

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