Ein Tanker der Schwermut
Heinz Strunk liest recht heiter über die Tristesse
Erfurt. Es sind nicht gerade vom Glück geküsste Figuren, die Heinz Strunk in seinem Buch „Das Teemännchen“konstruiert. Bei ihm stehen Schwache, Kranke und Alkoholiker im Vordergrund, denn „die Schönen und Reichen sind erstens literarisch uninteressant und zweitens langweilig“, wie der aus Satireformaten bekannte Autor im Saal des Ratsgymnasiums sagt.
Die von ihm gelesenen kurzen Formen erzählen Geschichten der menschlichen Belanglosigkeit und von Menschen, um die das Leben zwar toben mag, die aber im Grunde schon lang abgemeldet sind. Und das wahrscheinlich auch noch ohne dass sie es selbst gemerkt hätten: „Die Figuren in meinem Buch sind die, die im Tatort als erste erschossen werden“, rekapituliert Strunk augenzwinkernd über seine tristessebehafteten und fleischgewordenen Antithesen von Heldenfiguren.
So verschieden die herausgenommenen Stücke in Genre und Stil auch sind, hätte Strunk insgesamt keinen lebensverneinenderen Kosmos eröffnen können. Die Protagonisten leben von „kummerbetäubendem Nikotin“, bekommen für ihre Social-Media-Aktivität nur fünf bis zehn Likes, stecken fest im „Stadium des starren Weiterlebens“, sind gezeichnet von einer „schmerzfreien Schicksalsgleichgültigkeit“und geben auch sonst wenig Anlass zum Optimismus.
Heimlich und einig verbunden im seelischen Unglück stolpern, schlurfen und trotten sie durchs Leben, egal ob in apokalyptischen Ostseeurlaubsszenarien, Raststätten der Trostlosigkeit oder als Axl Rose, der einfach auch nur einen schönen Partyabend verbringen will. Oder es zumindest versucht.
„Das ist keineswegs der Dampfer der guten Laune, sondern eher der Tanker der Schwermut“, hatte Strunk zu Beginn der Lesung über seine Prosa verkündet, doch da das Tragische und das Komische seit je her traumwandlerisch Hand in Hand gehen, gab es dennoch genug Anlässe zum Lachen, vor allem, wenn die Entstehungsgeschichten der Erzählungen ausgebreitet werden.
Das Buch ist im Grunde genommen ein Sammelwerk des bis zur Ausweglosigkeit verdammten menschlichen Scheiterns, sei es in Beziehungen, dem Berufsleben oder der eigenen Existenz an sich. So hatten die Zuhörer des Abends zwar keinen Anlass zur Hoffnung für auch nur eine einzige der aufgetretenen Personen, dafür aber eine kurzweilige, wenn auch zynische Art der Unterhaltung.