Gräben werden vertieft
Vorwurf: Besetzung von Spitzenpositionen im Rathaus wird ideologisiert
Zu Personalien im Rathaus schreibt Hermann H. Saitz aus Erfurt:
Seit der Wende war es mehrere Jahre hindurch üblich, an Spitzenpositionen der Stadtverwaltung zumindest die beiden großen Volksparteien und Parteilose zu beteiligen. Auf diese Weise wurde der Ideologisierung der Verwaltung vorgebeugt und den Bürgern vermittelt, dass sich die Stadtverwaltung als eine Verwaltung aller (Betonung auf „aller“) Erfurter verstand. Die beiden Oberbürgermeister, die Erfurt bisher hatte, haben gerade dies stets betont.
In den letzten Jahren hat die R2G-Mehrheit des Rates aber die größte Ratsfraktion, die der CDU, und die der Bunten von der Verwaltungsspitze und von anderen leitenden Positionen ausgeschlossen und die Posten alleine mit ihren Parteigängern besetzt. (Hatten wir das nicht schon mal ?). Nun stehen im November drei Beigeordnetenposten zur Neubesetzung an. Mit der Nominierung seiner Kandidaten hat der OB zu erkennen gegeben, dass er eine Rückkehr zur früheren Praxis, nämlich die Beteiligung aller politischen Richtungen an der Verwaltungsspitze, nicht wünscht. Er folgt damit dem Votum der Jugendorganisationen von R2G, die den OB aufgefordert hatten, einen streng ideologischen Kurs zu fahren und nur Kandidaten von R2G zur Wahl zu stellen, auch wenn diese nicht über eine notwendige Qualifikation, z.B. einen Hochschulabschluss, verfügen. Es erstaunt schon, welches Demokratieverständnis die R2G-Jugend hat und mit welcher Vehemenz sie die leider vorhandenen Gräben zwischen den politischen Parteien, auch im Erfurter Rat, weiter vertiefen will. Das Gerangel um die Nachfolge des vorzeitig aus dem Amt scheidenden Kowo-Geschäftsführers, das auch den Geruch eines Postengeschachers aus politischen Gründen hat, verstärkt diesen Eindruck. Wenn selbst die Kowo-Mitarbeiter dagegen öffentlich Bedenken äußern, dann müssten doch alle Alarmglocken läuten, dass hier ein wünschenswerter kommunaler Frieden verhindert werden soll. Wenn wir Bürger uns immer häufiger fragen, wo die Ursachen der Politikverdrossenheit des Wahlvolks liegen, dann sind ganz gewiss Vorgänge dieser Art eine der Ursachen. Wie sagt man: „Blinder (politischer) Eifer schadet nur“, vielleicht auch der R2GKoalition und dem Ansehen der Kommunalpolitik in Erfurt. Alle Bürger haben einen Anspruch darauf, sich in der Lenkung der Stadt wiederzufinden, nicht nur linke Parteimitglieder.