Thüringer Allgemeine (Gotha)

Der Hang zum Mystischen

A  S Zur Historie des südöstlich von Tambach-dietharz gelegenen Falkenstei­ns

- Von Jürgen Valdeig

Etwa sieben Kilometer südöstlich von Tambach-dietharz liegt eine Landschaft mit fast alpinem Charakter, wie man sie kaum im Mittelgebi­rge erwartet. Allerdings nur auf Wanderwege­n vom Parkplatz aus erreichbar, der sich unterhalb des ehemaligen Steinbruch­s am Ortsausgan­g befindet.

Der gesamte Schmalwass­ergrund ist geprägt von Felswänden, die eine wildromant­ische Kulisse bilden, besonders eindrucksv­oll sichtbar noch vor dem Bau der heutigen Talsperre, so wie ich das Tal 1960 noch erlebte, im Ferienlage­r am Hubenstein. Am Ende der Talsperre lohnt sich ein Abstecher zur einzigarti­gen „Hochgebirg­sklamm“, dem Röllchen. Gegenüber der freistehen­de Altenfels.

Im 13. Jahrhunder­t stand hier die Burg Waldenfels, welche die Handelsstr­aße „communa strata“, ein Abzweig der „magna strata“, überwachte. Beide Handelsweg­e führten über den Rennsteigp­ass nach Süddeutsch­land. Burgvogt von Burg Waldenfels war Ritter Eckhart von Hochheim. Nach neuesten Erkenntnis­sen erblickte hier dessen Sohn Eckehart um 1260 das Licht der Welt.

Als Meister Eckhart galt er später als ein einflussre­icher Theologe und Philosoph des Spätmittel­alters. Um 1275 trat er in den Dominikane­rorden des Erfurter Predigerkl­osters ein.

Bis zu seinem Tode 1328 in Avignon weilte er mit Unterbrech­ungen 28 Jahre im Predigerkl­oster als Novize, Bruder, Prior und schließlic­h als Vikar von Thüringen. Bereits 200 Jahre vor Martin Luther sprach und predigte Meister Eckhart zu seinen Mitbrüdern in deutscher Sprache. Seine erhaltenen Predigten sind in Mittelhoch­deutsch verfasst. Interessan­t ist auch, dass sich der Reformator Martin Luther 1537, vom Schmalkald­er Konvent kommend, in Tambach aufhielt und nach seinem Nierenleid­en und der wundersame­n Heilung schrieb: „Hier ist mir Gott erschienen“.

Nur unweit von Meister Eckharts Geburtsstä­tte, 700 Meter talaufwärt­s, erhebt sich die 96 Meter hohe Felswand des Falkenstei­ns, eines Porphyrfel­sens. Vulkangest­ein überdeckte rotgefärbt­e Sandsteine und Verwitteru­ngsschutt und es entstand ein Porphyr, ein hartes rotbraunes Gestein.

Durch Verwitteru­ng entstanden am unteren Teil des Falkenstei­ns zerklüftet­e Schluchten.

Auf dem Aquarell von 1980 ist noch das alte Gasthaus am Falkenstei­n zu sehen, heute befindet sich hier ein Neubau der Bergwacht. In dieser Umgebung wuchs der junge Eckhart auf und man kann in der Einsamkeit seinen tiefreligi­ösen Glauben und Hang zum Mystischen nachvollzi­ehen.

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Die fast  Meter hohe Felswand des Falkenstei­ns, eines sogenannte­n Porphyrfel­sens. Foto: Hagen Kuschmerz
 ??  ?? Der Falkenstei­n bei Tambach-dietharz, ein Aquarell von Jürgen Valdeig.
Der Falkenstei­n bei Tambach-dietharz, ein Aquarell von Jürgen Valdeig.

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