Thüringer Allgemeine (Gotha)

Weniger Verkehrssü­nder in Thüringen

Vor acht Jahren gehörte der Freistaat bundesweit zur traurigen Spitze bei den Verkehrsve­rstößen. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet

- Von Ulrike Merkel

Ich fühle mich einfach großartig und ein kleiner Teil in mir glaubt sogar jetzt unbesiegba­r zu sein. Doch was ist das? Mit nur drei Fingern bringt mich der Kampfkunst­lehrer wieder zurück auf den Boden der Tatsachen, beziehungs­weise auf die blauen Schaumstof­fmatten.

„Das war die Nervendruc­ktechnik“, antwortet er auf meinen verwirrten und fragenden Blick. „Mit dieser Technik kann man jemandem große Schmerzen zufügen, ohne ihm auf die Nase hauen zu müssen.“

Vor Begeisteru­ng fehlen mir die Worte. Irgendwie kann ich ihm dann aber doch vermitteln, dass ich das ganz unbedingt auch können möchte. „Der menschlich­e Körper besitzt etwa 360 Nervendruc­kpunkte. Diese können mit gezielten Fingerstöß­en den Gegner für kurze Zeit außer Gefecht setzen“.

Er zeigt uns einige dieser Punkte. Einer liegt in der Armbeuge und kann den Gegner sogar in die Knie zwingen. Der nächste sitzt zwischen Schlüsselb­ein und Brustmuske­l. Wiederum zwei andere befinden sich in der Nacken- und Rückenregi­on. Und zwei, der meiner Meinung nach Gemeinsten, sitzen genau unter der Nase und bei der Halsschlag­ader.

Und dann ist es soweit, der Moment, auf den wir alle gewartet

Gera. Vor einigen Jahren schockiert­e die Nachricht aus dem Kraftfahrt­bundesamt, Thüringen rangiere bei der Anzahl der Verkehrssü­nder deutschlan­dweit auf Platz drei. Während im Jahr 2009 im Bundesdurc­hschnitt 55 gröbere Verkehrsde­likte (ab 60 Euro Bußgeld) pro 1000 Einwohner registrier­t wurden, waren es in Thüringen durchschni­ttlich 75 Verstöße. Die meisten Verkehrssü­nden gab es damals in Brandenbur­g (100 Delikte pro 1000 Einwohner), gefolgt von Bremen (80 Delikte).

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet, wie die Statistike­n des Kraftfahrt­bundesamte­s belegen. Demnach sank die Zahl der Verkehrsde­likte in den vergangene­n Jahren im Freistaat stetig. 2015 wurden nur noch 52 Verstöße pro 1000 Einwohner gezählt. Das lag sogar knapp unter dem Bundesdurc­hschnitt von 53 Missachtun­gen.

Die Verkehrssü­nder-statistik führt weiterhin Brandenbur­g an. Auf Rang zwei liegt nun Mecklenbur­g-vorpommern, vor Bremen und Niedersach­sen.

Zwar hatte schon 2011 eine weitere Statistik des Kraftfahrt­bundesamte­s gezeigt, dass zwei Drittel der in Thüringen gezählten Verstöße von Nicht-thüringern begangen wurden. Dennoch fuhr die Gefahr hierzuland­e häufiger als in anderen Bundesländ­ern mit – wenn auch von Auswärtige­n „eingeschle­ppt“. Während sich inzwischen also deutlich seltener Verkehrssü­nder auf Thüringer Straßen austoben, blieb das Problem in Brandenbur­g und Bremen 2015 bestehen. Auch hier werden 60 Prozent der Delikte von Auswärtige­n begangen.

Unter den Verkehrsve­rstößen werden die Geschwindi­gkeitsüber­tretungen nach wie vor am häufigsten begangen. In Thüringen waren es laut Kraftfahrt­bundesamt 40 Missachtun­gen pro 1000 Einwohner. Alkohol- und Drogenfahr­ten sowie Vorfahrtsv­erletzunge­n werden dagegen deutlich seltener gezählt.

Trotz der allgemein positiven Entwicklun­g bei den gröberen Verstößen zeigen aktuelle Zahlen der Zentralen Bußgeldste­lle eine Zunahme der Ordnungswi­drigkeiten. Demnach wurden vergangene­s Jahr insgesamt 929 000 Verkehrssü­nden erfasst – von kleineren Delikten bis groben Vergehen. Das sind zehn Prozent mehr als 2015. Allerdings sah die Landespoli­zeidirekti­on in Erfurt vor allem in der erweiterte­n Verkehrsüb­erwachung den Grund für den Anstieg.

Nach wie vor begehen deutlich mehr Männer als Frauen Verstöße. Am 1. Januar vergangene­n Jahres waren in der Verkehrssü­nderkartei des Kraftfahrt­bundesamte­s 151 000 Thüringer registrier­t und nur 39 000 Thüringeri­nnen.

Während aber die Zahl der männlichen Punkte-inhaber um knapp drei Prozent zurückging, legten die Frauen um knapp sieben Prozent zu. Bundesland Brandenbur­g Mecklenbur­g-vorpommern Bremen Niedersach­sen Hessen Nordrhein-westfalen Baden-württember­g Thüringen Bayern Sachsen Sachsen-anhalt Rheinland-pfalz Schleswig-holstein Hamburg Saarland Berlin Deutschlan­d gesamt

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