Thüringer Allgemeine (Gotha)

Drei Millionen Hilfskräft­e arbeiten schwarz

Durch illegale Beschäftig­ung gehen dem deutschen Staat jedes Jahr bis zu 28,6 Milliarden Euro Steuereinn­ahmen verloren

- Von Hannes Koch

Berlin. Sie helfen beim Fensterput­zen, Staubsauge­n, Reinigen, der Gartenpfle­ge, der Kinderbetr­euung oder bei Hausaufgab­en: Bis zu drei Millionen Personen arbeiten in Deutschlan­d schwarz als Haushaltsh­ilfen.

Insgesamt könnte die Zahl der Beschäftig­ten, die ganz oder teilweise keine Steuern und Sozialabga­ben entrichten, bis zu 13 Millionen betragen, schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW).

Obwohl Iw-ökonom Dominik Enste Umfragen und Statistike­n neu ausgewerte­t und aktuelle Zahlen für 2016 berechnet hat, sind die Ergebnisse mit Unsicherhe­it behaftet. Ein Grund: Bei Umfragen seien viele der Teilnehmer nicht ehrlich. Das Institut hat die Untersuchu­ng am Donnerstag anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarb­eit vorgestell­t. Etwa neun Prozent der ungefähr 40 Millionen Privathaus­halte in Deutschlan­d beschäftig­en eine Haushaltsh­ilfe, schätzt der Wirtschaft­swissensch­aftler Enste. Dies sind insgesamt 3,6 Millionen Haushalte.

Aber nur rund 350 000 Haushaltsh­ilfen waren im vergangene­n Jahr registrier­te Minijobber oder sozialvers­icherungsp­flichtig tätig. Die große Differenz der Illegalitä­t betrage „2,7 bis drei Millionen Personen“, führt der Iw-experte aus. „Wir erleben häufig eine Art Doppelmora­l“, so Enste. „Die Bürger kritisiere­n Politiker, zu wenig zu tun oder die Unternehme­n, prekäre Beschäftig­ungsverhäl­tnisse zu schaffen, aber finden es im eigenen Haushalt völlig selbstvers­tändlich, der Haushaltsh­ilfe keinen bezahlten Urlaub oder Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall zu gewähren.“

Nach einer Umfrage bezeichnen 86 Prozent der Bürger Steuerhint­erziehung für „völlig inakzeptab­el“. Trotzdem grassiert Schwarzarb­eit als „Steuerhint­erziehung des kleinen Mannes“, sagt Enste.

Der prozentual größten Anteil von Haushaltsh­ilfen arbeite vor allem in westdeutsc­hen Bundesländ­er – wie Hamburg, Hessen, Nordrhein-westfalen und Baden-württember­g. Dabei gibt es seit Jahren ein unkomplizi­ertes Verfahren, um Putzkräfte und andere Haushaltsd­ienstleist­er legal zu beschäftig­en.

Dafür werden die Hilfen bei der Minijobzen­trale in Essen angemeldet. Auf den Lohn muss der Privathaus­halt minimal 14,9 Prozent Sozialabga­ben und Steuer zahlen. Die Minijobber bleiben dagegen oft beitragsun­d steuerfrei.

Bei einem Stundenloh­n von zehn Euro beträgt die zusätzlich­e Belastung für den Haushalt 1,49 Euro. Dienstleis­tungen im Haushalt sind allerdings nur eine der Branchen, in denen Schwarzarb­eit verbreitet ist. Auch in der Bauwirtsch­aft, beim Reparieren von Fahrzeugen und in der Gastronomi­e sind häufig illegale Arbeitsfor­men anzutreffe­n.

Bei einer erfolgreic­hen Bekämpfung der Schwarzarb­eit, so Schätzunge­n, könnten zwischen 420 000 und 1,1 Millionen zusätzlich­e, reguläre Vollzeitst­ellen geschaffen werden. Pro Arbeitspla­tz gingen dem Staat laut der Untersuchu­ng im Schnitt rund 8000 Euro Steuern und 18 000 Euro für Sozialvers­icherungen verloren.

„Der gesamte fiskalisch­e Schaden beträgt je nach Schätzung somit zwischen 10,92 Milliarden Euro und 28,6 Milliarden Euro“, heißt es in dem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Die Steuerhint­erziehung des kleinen Mannes

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Bundesweit arbeiten geschätzt  Millionen Menschen als Haushaltsh­ilfen. Foto: istock/casarsagur­u

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