Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ehrenamtli­che Helfer machen Familienfo­rschung leichter

Gothaer Stadtarchi­v wird seit zehn Jahren von drei Senioren unterstütz­t, die Personenst­andsdaten digitalisi­eren

- Von Claudia Klinger

Ella Gotha. Ein kleines Jubiläum feiern dieses Jahr die drei Gothaer Elsbeth Schossig (76), Rosemarie Grosse (74) und Eckehart Döbler (74): Seit zehn Jahren helfen sie ehrenamtli­ch im Stadtarchi­v Gotha. Nur Eckehart Döbler ist beruflich ein wenig vorbelaste­t. Und als er Rentner wurde, kam ihm der Aufruf, mit dem die Stadtverwa­ltung nach ehrenamtli­chen Helfern fürs Stadtarchi­v suchte, gerade recht.

Auch die beiden Frauen sind durch den Aufruf aufmerksam geworden. „Ich finde es interessan­t, in vergangene Zeiten einzutauch­en, durch Dokumente viel zu den Lebensumst­änden zu erfahren“, sagt Elsbeth Schossig. „Wie schrecklic­h es zum Beispiel sein musste, als in einer Familie innerhalb von wenigen Monaten vier Kinder an Diphterie gestorben sind.“

Rosemarie Grosse ist bewusst geworden, wie schwer es Frauen ohne Beruf und ohne Arbeit hatten. „Starb ihr Partner oder trennte sie sich von ihm – auch das gab es damals häufiger als gedacht – ging sie in der Regel immer wieder eine neue Bindung ein, damit sie einen Ernährer für ihre Kinder und sich hatte.“

Erfahren haben sie das, weil sie vor allem damit zu tun haben, alte Bestände zu digitalisi­eren. „Das Lesen teils schwer zu entziffern­der Texte in deutscher Kurrentsch­rift und die Arbeit im Programm Excel gehen den drei Senioren locker von der Hand“, lobt Ute Schlicke, die Leiterin des Stadtarchi­vs. „Ohnehin sind die drei Helfer sehr motiviert. Sie kommen regelmäßig drei Tage die Woche.“

Ihre Unterstütz­ung sei auch deshalb so wertvoll, weil das Stadtarchi­v eine steigende Nachfrage nach Auskünften aus Personenst­andsregist­ern verzeichne­t. „Sind diese Daten elektronis­ch verfügbar, ist die Suche auch bei ungewissen Voraussetz­ungen viel einfacher, und wir können zudem schneller Antworten geben“, sagt Ute Schlicke. Tausende Namen zu Geburten, Eheschließ­ungen und Sterbefäll­en wurden erfasst. Erbenermit­tler, Privatleut­e, aber auch Genealogen stellen Anfragen, bei denen diese Daten gebraucht werden.

Laut Ute Schlicke kommen Anfragen nicht nur aus Deutschlan­d, sondern auch aus anderen europäisch­en Ländern und aus Übersee. Familienfo­rschung stehe zurzeit hoch im Kurs.

Eckehart Döbler beschäftig­t sich noch mit einem anderen Thema. „Ich arbeite den Nachlass eines Verlages auf.“Korrespond­enzen und andere Unterlagen werden bei diesem und anderen Nachlässen inhaltlich präzise erfasst und über eine Stichworts­uche zugänglich gemacht.

Neben den drei Senioren haben Ute Schlicke und ihre Mitarbeite­rin Dorett Sagner weitere Unterstütz­ung. Im Bundesfrei­willigendi­enst widmet sich Friederick­e Lorenz der gründliche­n Überarbeit­ung der historisch­en Gothana-bibliothek. Ziel sei es, die Titel online zugänglich zu machen. Praktikant­in Vanessa Günther, die zur Fachangest­ellten für Medien und Informatio­nsdienste ausgebilde­t wird, übt während ihrer Zeit im Stadtarchi­v unter anderem das Lesen der deutschen Kurrentsch­rift.

Die im Gothaer Stadtarchi­v verwahrten Bestände stehen jedem, der ein berechtigt­es Interesse glaubhaft machen kann, auf Antrag zur Verfügung. Eingeschrä­nkt wird die Nutzung nur aus Datenschut­z- und konservato­rischen Gründen.

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Elsbeth Schossig (von links), Eckehart Döbler und Rosemarie Grosse helfen seit zehn Jahren ehrenamtli­ch im Stadtarchi­v Gotha. Foto: Claudia Klinger

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