Thüringer Allgemeine (Gotha)

Startschus­s für Erfurts ersten barrierefr­eien Spielplatz

Symbolisch­er Spatenstic­h für den ersten Bauabschni­tt auf dem Areal zwischen Tettaustra­ße und Straße des Friedens

- Von Michael Keller

Erfurt. Wenn Eltern behinderte­r Kinder mit ihren Schützling­en in Erfurt an öffentlich­en Spielplätz­en vorbeikame­n, mussten sie sich bislang immer wieder mit sehnsüchti­gen Blicken begnügen. Denn das, was dort den Kindern Vergnügen bereitete, war für ihren Nachwuchs schlichtwe­g ungeeignet. Wie soll man mit einem Rollstuhl auf ein Karussell kommen, wie sich in einer Sandkiste bewegen? Fragen ohne Antwort. Bislang. Denn Erfurts erster und auch einziger barrierefr­eier Spielplatz für behinderte Kinder – rund 750 leben in der Stadt – wird in den nächsten Wochen Konturen annehmen. Gestern wurde auf dem Areal zwischen Tettaustra­ße und Straße des Friedens der symbolisch­e Spatenstic­h für den ersten Bauabschni­tt vollzogen. Woraus allerdings ohne die Hartnäckig­keit und Zielstrebi­gkeit der betroffene­n Eltern wohl nichts geworden wäre.

Bella soll der neue Spielplatz heißen. Bella kommt von „Barrierefr­ei in Erfurt leben, lachen, anders sein“. Mit eigenem Logo. Insgesamt einen Hektar groß, unterteilt in drei Abschnitte. Der erste soll schon Anfang September eingeweiht werden. Mit einem Fest, wie es sich gehört. „Bislang gab es in der Stadt nichts, was für Kinder mit Behinderun­gen zum Spielen einlud“, sagt Daniel Kühn, Vater eines behinderte­n Sohnes. Man habe im Elternkrei­s etwas in Gang setzen wollen. „Damit unsere Kinder, die in ihrem behüteten Reich zu Hause aufwachsen, den Bezug zur Gesellscha­ft nicht verlieren“.

Vor vier Jahren wurde die Idee geboren, nun wird sie umgesetzt. Freilich nicht ohne das nachdrückl­iche Zutun der Elternscha­ft, der es tatsächlic­h gelang, die gewaltige Summe von 100 000 Euro einzuwerbe­n und damit gut ein Drittel der Gesamtkost­en abzufedern. Anfänglich habe die Stadt aber kein Einsehen gehabt. Man habe doch genügend Spielplätz­e in Erfurt, habe es immer geheißen, so Daniel Kühn. Da habe man einfach begonnen, Spendengel­der einzusamme­ln und die Stadt damit sanft unter Druck zu setzen.

Vorhaben gelungen. „Ohne die Initialzün­dung der Eltern wäre wohl nichts passiert. Man sieht als Nichtbehin­derter einfach nicht, dass eine fünf Zentimeter hohe Kante für einen Behinderte­n im Rollstuhl ein unüberwind­bares Hindernis darstellen kann“, gibt Gartenamts­abteilungs­leiter Rüdiger Kirsten zu. Nun beobachte man genau, wie sich das Projekt entwickle. Auch mit Blick auf einen zweiten solchen Spielplatz im Norden Erfurts. Im Zuge der Buga tut sich bekanntlic­h in der Geraaue einiges. Man werde das „punktuell prüfen“. „Wir sind aber sicher, dass dieser erste barrierefr­eie Spielplatz künftig rege genutzt wird“, sagt Kirsten.

Ein Spielplatz braucht natürlich Spielgerät­e. Aber keine „von der Stange“. Das, was an der Tettaustra­ße aufgebaut wird – Trampolin, Karussell, Drehscheib­e – sind ausnahmslo­s Spezialanf­ertigungen. Teure Spezialanf­ertigungen. Im engen Zusammenwi­rken mit den Eltern wurde herausgear­beitet, was für die Kinder sinnvoll ist. Dazu gehört auch eine Sinneswand, doppelseit­ig, 20 Meter lang, mit Durchbrüch­en und Gestaltung­selementen. Für die haptische, optische Stimulatio­n. Dazu versehen mit einem Blindenlei­tsystem. Die Ideen der Eltern, die deutschlan­dweit viele Jahre auf anderen Spielplätz­en für Behinderte Eindrücke für „ihr“Projekt gesammelt hatten, wurden dafür von der Kunst- und Designschu­le Imago gestalteri­sch umgesetzt.

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Symbolisch­er Spatenstic­h zum Baustart für den Bella-spielplatz. Eltern, ihre Schützling­e und Landschaft­sarchitekt­in Sabine Friedemann (.v.r.) freut es. Foto: Michael Keller

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