Startschuss für Erfurts ersten barrierefreien Spielplatz
Symbolischer Spatenstich für den ersten Bauabschnitt auf dem Areal zwischen Tettaustraße und Straße des Friedens
Erfurt. Wenn Eltern behinderter Kinder mit ihren Schützlingen in Erfurt an öffentlichen Spielplätzen vorbeikamen, mussten sie sich bislang immer wieder mit sehnsüchtigen Blicken begnügen. Denn das, was dort den Kindern Vergnügen bereitete, war für ihren Nachwuchs schlichtweg ungeeignet. Wie soll man mit einem Rollstuhl auf ein Karussell kommen, wie sich in einer Sandkiste bewegen? Fragen ohne Antwort. Bislang. Denn Erfurts erster und auch einziger barrierefreier Spielplatz für behinderte Kinder – rund 750 leben in der Stadt – wird in den nächsten Wochen Konturen annehmen. Gestern wurde auf dem Areal zwischen Tettaustraße und Straße des Friedens der symbolische Spatenstich für den ersten Bauabschnitt vollzogen. Woraus allerdings ohne die Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit der betroffenen Eltern wohl nichts geworden wäre.
Bella soll der neue Spielplatz heißen. Bella kommt von „Barrierefrei in Erfurt leben, lachen, anders sein“. Mit eigenem Logo. Insgesamt einen Hektar groß, unterteilt in drei Abschnitte. Der erste soll schon Anfang September eingeweiht werden. Mit einem Fest, wie es sich gehört. „Bislang gab es in der Stadt nichts, was für Kinder mit Behinderungen zum Spielen einlud“, sagt Daniel Kühn, Vater eines behinderten Sohnes. Man habe im Elternkreis etwas in Gang setzen wollen. „Damit unsere Kinder, die in ihrem behüteten Reich zu Hause aufwachsen, den Bezug zur Gesellschaft nicht verlieren“.
Vor vier Jahren wurde die Idee geboren, nun wird sie umgesetzt. Freilich nicht ohne das nachdrückliche Zutun der Elternschaft, der es tatsächlich gelang, die gewaltige Summe von 100 000 Euro einzuwerben und damit gut ein Drittel der Gesamtkosten abzufedern. Anfänglich habe die Stadt aber kein Einsehen gehabt. Man habe doch genügend Spielplätze in Erfurt, habe es immer geheißen, so Daniel Kühn. Da habe man einfach begonnen, Spendengelder einzusammeln und die Stadt damit sanft unter Druck zu setzen.
Vorhaben gelungen. „Ohne die Initialzündung der Eltern wäre wohl nichts passiert. Man sieht als Nichtbehinderter einfach nicht, dass eine fünf Zentimeter hohe Kante für einen Behinderten im Rollstuhl ein unüberwindbares Hindernis darstellen kann“, gibt Gartenamtsabteilungsleiter Rüdiger Kirsten zu. Nun beobachte man genau, wie sich das Projekt entwickle. Auch mit Blick auf einen zweiten solchen Spielplatz im Norden Erfurts. Im Zuge der Buga tut sich bekanntlich in der Geraaue einiges. Man werde das „punktuell prüfen“. „Wir sind aber sicher, dass dieser erste barrierefreie Spielplatz künftig rege genutzt wird“, sagt Kirsten.
Ein Spielplatz braucht natürlich Spielgeräte. Aber keine „von der Stange“. Das, was an der Tettaustraße aufgebaut wird – Trampolin, Karussell, Drehscheibe – sind ausnahmslos Spezialanfertigungen. Teure Spezialanfertigungen. Im engen Zusammenwirken mit den Eltern wurde herausgearbeitet, was für die Kinder sinnvoll ist. Dazu gehört auch eine Sinneswand, doppelseitig, 20 Meter lang, mit Durchbrüchen und Gestaltungselementen. Für die haptische, optische Stimulation. Dazu versehen mit einem Blindenleitsystem. Die Ideen der Eltern, die deutschlandweit viele Jahre auf anderen Spielplätzen für Behinderte Eindrücke für „ihr“Projekt gesammelt hatten, wurden dafür von der Kunst- und Designschule Imago gestalterisch umgesetzt.