Brüheimer stellen sich auf demografischen Wandel ein
Die Eheleute Neudert bauen den Anfang des 18. Jahrhunderts errichteten Nessetal-hof für seniorengerechtes Wohnen um
Landrat Onno Eckert (SPD) über die Kreisbehörde Dieter Oelling (58) aus Friedrichroda:
Ich bin jetzt zehn Jahre Mitglied des Kneipp-vereins Friedrichroda. Wegen der Gesundheit und des fröhlichen Vereinslebens bringe ich mich ein. Es muss Leute geben, die den Karren ziehen. Dabei helfe ich meiner Frau. Kräuter sind unsere Spezialstrecke. Ich liebe Salbei. Der lässt sich gut mit Schinken essen. Foto: Wieland Fischer Brüheim. In einem der ältesten Gebäude von Brüheim bahnt sich Neues an. Maik und Sandra Neudert richten den Nessetalhof für altengerechtes Wohnen her. Das gibt es in dieser Form weder in Brüheim noch in den umliegenden Dörfern des Nessetals. Umso mehr freuen sich die Gemeinde und Bürgermeister Heiner Both (parteilos) über den Unternehmergeist der Eheleute Neudert.
Auf dem Nessetal-hof hatte Mitte des 18. Jahrhundert Gutsverwalter Lambert, der den Edelhof der Familie Wangenheim in Brüheim bewirtschaftete, gewohnt. Die Anfänge reichen noch weiter zurück, weiß Maik Neudert. „Die letzte Datierung des Hauses stammt von 1750, aber da hat das Haus schon gestanden.“Das Nachbargebäude sei um 1680 errichtet worden. Bei einem Brand Anfang des 18. Jahrhunderts sei der gesamte Straßenzug in Schutt und Asche gelegt worden. Der Nessetal-hof soll dabei auch Schaden erlitten haben. Neudert schlussfolgert: „Er könnte um 1700 errichtet worden sein.“
Das Alter des Gebäudes schreckt ihn nicht, auch nicht, dass der ehemalige Vier-seitenhof, von dem nur noch zwei stehen, mehr brüchig als gut erhalten ist. Das zieht ihn vielmehr an. Maik Neudert (45 Jahre) kennt das Anwesen von Kindesbeinen an. In einem Haus auf der anderen Seite der Straße ist er aufgewachsen, den Nessetalhof immer im Blick. „Zu meiner Kindheit war hier der Altstoffhandel.“Auch als zu Lpg-zeiten in den Ställen des Nessetalhofes Kühe gehalten wurden, ging er dort ein und aus. „Mein Onkel hat zu Ddr-zeiten hier gewohnt.“
Als der letzte Besitzer den Hof verkaufen wollte, ergriffen seine Frau und er die Chance. Von der Bank gab es grünes Licht zur Finanzierung. Offensichtlich überzeugte auch das Konzept. Schließlich müssen rund 300.000 Euro investiert werden, um das Anwesen wieder auf Vordermann zu bringen. Bis zuletzt hatten zwei Familien dort gewohnt – der Anblick von der Hofseite lässt das nicht vermuten.
Neuderts krempeln das Innere der noch bestehenden Gebäude komplett um. „Wir haben inzwischen schon etliches abgerissen und neu gemauert.“Allein 40 neue Fenster seien eingesetzt worden. Die Elektrik ist neu. Zu Ddr-zeiten mit „Sauerkraut“-platten eingesetzte Wände seien herausgerissen worden, um die Räume der ursprünglichen Konstruktion anzupassen.
Das Dach sollte inzwischen neu eingedeckt sein. Doch die Dachdecker mussten Neuderts wegen der Vielzahl der Aufträge vertrösten.
Zum Glück hat Maik Neudert zwei „rechte Hände“, sein Vater Manfred und Bruder Mario ebenfalls. Sie packen gemeinsam beim Umbau und der Sanierung mit an.
Ehefrau Sandra bringt das Knowhow für die Pflege mit. Sie kommt aus der Branche.
Neun Wohnungen plus große Küche wollen Neuderts im Nessetal-hof einrichten. Vorgesehen ist, in der Gemeinschaft zu kochen und zu essen, umreißt Sandra Neudert das Konzept. Im Nebengelass sind separate Wohnungen vorgesehen. Der große Garten des insgesamt 2.500 Quadratmeter umfassenden Areals könnte ebenfalls von den Mietern bewirtschaftet werden kann. Neuderts denken an Hochbeete, damit sich das ohne zu bücken bewerkstelligen lässt.
Ihr Vorhaben findet bereits Zuspruch. Es gibt erste Anmeldungen von Älteren, die dort ihren Lebensabend verbringen möchten. „Sie kommen alle aus dem Dorf.“Bis voraussichtlich Sommer nächsten Jahres müssen sie sich gedulden. Der Erstbezug im altengerechten Wohnen hängt davon ab, wie zügig die Handwerker agieren.
„Bedarf ist jedenfalls gegeben“, sagt Bürgermeister Both. Einerseits wollen junge Leute aufs Land. Andererseits leben zahlreiche Menschen jenseits der 80 allein in Häusern, die sie gar nicht mehr bewirtschaften können. Der Nessetal-hof könnte ihnen die Möglichkeit eröffnen, in ihrem Heimatort zu bleiben und junge Leute könnten nachziehen. Auf diese Weise ließe sich auch der Überalterung im Dorf begegnen.