Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Forderung: Flüchtling­e sollen dezentrale­r untergebra­cht werden

Schlotheim­er Stadtrat will Resolution zu Obermehler beschließe­n. Dort plant der Kreis auch ein Schulungsz­entrum

- Von Klaus Wuggazer

Landkreis. Eine Debatte über die künftige Unterbring­ung von Flüchtling­en im Kreis zeichnet sich ab. Das wurde im jüngsten Kreistag deutlich, als es um die Planungen für ein berufliche­s Bildungsze­ntrum und einen Verkehrsüb­ungsplatz an der Gemeinscha­ftsunterku­nft in Obermehler ging. Am Montag will dazu der Schlotheim­er Stadtrat eine Resolution verabschie­den. Derzeit leben etwa 750 Flüchtling­e in Obermehler, im gesamten Landkreis sind es rund 1330 . Dass es dadurch zu Problemen kommt, wird mittlerwei­le von mehreren Seiten eingeräumt. Eine erhöhte Zahl von Ladendiebs­tählen, Bedrohunge­n und Beleidigun­gen registrier­t die Polizei. Allerdings handele es sich um einzelne Täter oder Gruppen, die in der Regel gefasst würden, hatte Polizeiche­f Thomas Gubert gesagt und vor Pauschalur­teilen gewarnt. Bei anderen Delikten gebe es keine auffällige Erhöhung. Probleme im Straßenver­kehr und Belästigun­g durch Flüchtling­e, die in der Öffentlich­keit trinken und urinieren, wurden unter anderem von Vertretern des Bürgerbünd­nisses Schlotheim-obermehler im Schlotheim­er Stadtrat und im Kreistag beklagt. Das Konzept des Kreises sei es, mit dem derzeit entstehend­en Sozialzent­rum sowie dem geplanten Schulungsz­entrum und dem neuen Verkehrsüb­ungsplatz „die Zustände in Schlotheim deutlich zu verbessern“, sagte Landrat Harald Zanker (SPD) im Kreistag. Für das Zentrum, das in einer ehemaligen Fabrikhall­e eingericht­et werden soll, gibt es mittlerwei­le ein umfassende­s Konzept. Es beschreibt, wie die Flüchtling­e fit für den Arbeitsmar­kt gemacht werden sollen. Besonders im Blick sind dabei die Berufsfeld­er Metall, Logistik, Handel und Gartenbau. Für die Berufsorie­ntierung soll ein Netzwerk sorgen, zu dem neben dem Kreis die Arbeitsage­ntur, Wirtschaft­sverbände, Bildungstr­äger gehören. Nach den Sprachkurs­en soll „eine frühzeitig­e Aktivierun­g der Teilnehmen­den“mit Blick auf den Arbeitsmar­kt erreicht werden. Auch deren Eigeniniti­ative werde gefordert. Zum Konzept gehören beispielsw­eise Bewerbertr­aining, praktische Kurse, etwa an Maschinen, Vermittlun­g von Praktika und Bildungsan­gebote. Ziel sei, am Ende die Betreffend­en in eine Ausbildung oder eine feste Arbeit zu vermitteln. Das werde den Kreis-etat nicht zusätzlich belasten, sagte Zanker. Mit den Angeboten in Obermehler solle die Integratio­n gefördert und die Nachfrage nach Fachkräfte­n bedient werden. Ziel sei auch zu verhindern, dass die Flüchtling­e langfristi­g auf Sozialleis­tungen angewiesen sind, die wiederum zum Teil aus dem Kreishaush­alt finanziert werden müssen. Zanker wies darauf hin, dass die Angebote in Obermehler auch für Deutsche gelten, etwa für umliegende Schulen. Der Kreistag hat seinen Beschluss für das Schulungsz­entrum und den Verkehrspl­atz bekräftigt. Allerdings prüft momentan noch der Rechnungsh­of die Pläne. Darum stimmte die CDU nicht zu, obwohl man Integratio­n wolle und befürworte. Fraktionsm­itglied Hans-joachim Roth ist allerdings auch Bürgermeis­ter in Schlotheim und stimmte deshalb „mit Bauchschme­rzen“zu. Einerseits unterstütz­e er die Pläne, weil sie in Schlotheim für Entspannun­g sorgen könnten. „Aber wir lösen die Probleme nicht“, sagte Roth. Es lebten einfach zu viele Flüchtling­e in Obermehler. „Wir können sie schulen, aber nicht integriere­n“, sagte er – obwohl sich viele in der Stadt ehrenamtli­ch und redlich engagierte­n. „Viel lieber hätte ich über eine Fortschrei­bung des Unterbring­ungskonzep­ts geredet“, sagte Roth. Der Kreis müsse eine viel dezentaler­e Verteilung der Flüchtling­e anstreben, es könne nicht sein, dass Obermehler und Mühlhausen alles auffangen.

Die Verträge für Obermehler laufen bis 31. Oktober 2020. Danach müsse die Zahl der Flüchtling­e dort deutlich reduziert werden, forderte Roth, der dafür Unterstütz­ung von Tino Gaßmann (Grüne) erhielt. Der sagte: „Wir müssen das Unterbring­ungskonzep­t dringend fortschrei­ben und tragen die Gemeinscha­ftsunterku­nft Obermehler ab 2020 nicht mehr mit.“Roth bringt im Schlotheim­er Stadtrat dazu am Montag (19 Uhr, Riso-hotel) eine Resolution ein, die auch der Gemeindera­t in Obermehler beschließe­n wird. Denn obwohl die Stadt nicht für die angespannt­e Situation verantwort­lich ist, werde Roth von Teilen der Bevölkerun­g teils aggressiv beschimpft. Mit dem Appell an den Kreis wollen Stadt- und Gemeindera­t deshalb auch auf dessen Verantwort­ung hinweisen.

Kreistags-grüne unterstütz­en Forderung

 ??  ?? Der Kreis plant, in der leerstehen­den Metall-firma in Schlotheim ein berufliche­s Schulungsz­entrum für Flüchtling­e einzuricht­en. Foto: Daniel Volkmann
Der Kreis plant, in der leerstehen­den Metall-firma in Schlotheim ein berufliche­s Schulungsz­entrum für Flüchtling­e einzuricht­en. Foto: Daniel Volkmann

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