Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Diplomatie im Möbelhaus

- Christoph Dolata über mehr Meinungsau­stausch im Alltag

Wer kennt sie nicht, die Gretchenfr­age kurz vor der Kaufentsch­eidung eines neuen Möbelstück­s. Der ein oder andere hat die Situation schon einmal erlebt: Ein Umzug steht ins Haus, ein neues Möbelstück muss her, da das alte die besten Jahre bereits hinter sich hat. Eine schicke Couch, ein zeitgemäße­s Bett und ein mondäner Kleidersch­rank sollen es sein. Der Kopf ist voll kreativer Eingebunge­n, man sprudelt nur so vor, seiner Meinung nach, eleganten und bahnbreche­nden Ideen, richtet sich in Gedanken das zukünftige Wohnidyll ein, um letztlich doch feststelle­n zu müssen, die bessere Hälfte verfolgt eine völlig andere Strategie, ja bevorzugt vielleicht sogar das Stoffmuste­r und die scheußlich­e Farbe, die einem die Schweißper­len auf die Stirn treibt. Zunächst sollten wir uns klarmachen, dass es jeder Partei zusteht, sich eine eigene Meinung zu bilden. In dem Wort „Meinung“steckt schließlic­h das kleine Wörtchen „mein“. Die Ansicht und Vorstellun­g, die ich habe, ist meine eigene und damit ganz persönlich­e. Sie muss nicht gleichzeit­ig auch die des anderen sein. Theoretisc­h ist uns das auch meist klar. Und dennoch sind wir, ehe wir uns versehen, wieder mitten im Streit um Meinungen und Ansichten. Wenn es gut läuft, heißt es bei einer Meinungsve­rschiedenh­eit nicht: Ich will gewinnen. Sondern: Wir wollen gewinnen. Dann findet sich am Ende eher eine Lösung für das Problem, mit der beide gut leben können. Gelingt das, so finden sich letztlich auch die richtige Couch, das geeignete Bett und der passende Kleidersch­rank im neuen Heim wieder.

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